Winter 1946/47

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Aufnahme aus dem Winter 1946/1947, 19. Februar 1947
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Naturereignis
Datum vonDatum (oder Jahr) von September 1946
Datum bisDatum (oder Jahr) bis März 1947
Thema
VeranstalterVeranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  371136
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WikidataIDID von Wikidata
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Letzte Änderung am 21.11.2024 durch WIEN1.lanm08uns
BildnameName des Bildes WSTLA Fotos PID FC1 47037 01.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Aufnahme aus dem Winter 1946/1947, 19. Februar 1947

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Der Winter 1946/47 war ungewöhnlich streng. "Niemals gab es zugleich so große Schneemassen, wie in diesem letzten Winter und niemals vorher folgte dem Schnee eine so lang andauernde Periode strengsten Frostes." – so äußerte sich Bürgermeister Körner Ende 1947.[1] Die Bewältigung dieser Situation wäre schon in besseren Zeiten eine Herausforderung gewesen, doch fiel diese "Witterungskatastrophe" ausgerechnet in die Nachkriegszeit, weshalb die wetterbedingten Probleme durch die generelle Mangelsituation noch verschärft wurden. Weder gab es genügend Brennstoffe, noch reichte die Nahrung aus; viele Gebäude waren noch zerstört oder beschädigt, oft fehlten Fenster. Zahlreiche Betriebe mussten aufgrund des Energiemangels zeitweilig schließen, Schulen, Theater, Bäder waren vorübergehend außer Betrieb, und auch Wohnungen blieben ungeheizt. Im Jänner und Februar 1947 zählte man insgesamt 16 Schneetage, bis Anfang März schneite es zuweilen. Der Verkehr brach durch die Schneemassen zeitweise nahezu völlig zusammen, was Kohle- und Lebensmittellieferungen weiter erschwerte. Auch das Tauwasser stellte ein Problem dar, da damit gesundheitliche Gefahren einhergingen. Erst im März 1947 stellte sich Besserung ein.

Lebensmittel und Kleidung

Ende 1946 gab es so gut wie kein Frischfleisch in Wien, auch Eier und sogar Brot waren Mangelware. 200.000 Personen blieben ohne Erdäpfel, denn es war nicht gelungen, die Ernte vor Frosteinbruch in die Stadt zu bekommen. Ebenso war nicht ausreichend Bekleidung vorhanden, auf 10 Personen kam nur ein neues Paar Schuhe, das Leder reichte nicht für Reparaturen aus. Außerdem fehlte Baumaterial für Reparaturen, sodass viele Gebäude beschädigt oder zerstört bleiben mussten, oftmals hatten sie keine Fenster. Ausländische Hilfslieferungen brachten durch Spenden von Lebensmitteln und Kleidern sowie Ausspeisaktionen eine dringend notwendige Linderung der größten Probleme.

Energieversorgung

Die Energieversorgung Wiens war schon im Sommer unzureichend, im September 1946 führte die andauernde Trockenheit bereits zu einem Ausfall von Strom aus Wasserkraft. Es war nicht genügend Heizöl vorhanden, um dies zu kompensieren, weshalb es zeitweise zu Stromabschaltungen kam, die unter anderem den öffentlichen Verkehr betrafen. Im Oktober 1946 erhielt Wien nur etwa ein Fünftel der benötigten Kohle und ein Drittel des benötigten Benzins, Kraftfahrzeugzulassungen beschränkten sich daher auf Erdgas-, Holzgas- oder Dieselöl-Antriebe. Wiederholt brach über den Winter auch tagsüber die Stromversorgung zusammen (Abschaltungen über Nacht waren ohnehin üblich), besonders bei niedrigem Wasserstand wie am 7. Jänner; die Elektrizitätswerke hatten nur noch Ölvorräte für Stunden. Die Überlastung des Netzwerks hing auch damit zusammen, dass Privathaushalte mangels Brennstoffen mit elektrischen Geräten heizten, was den Verbrauch nach oben schießen ließ. Anfang 1947 froren außerdem die Gasrohre ein, die Kohlevorräte der Gaswerke waren da bereits aufgebraucht. Die Kohlezusagen der Obersten Bergebehörde wurden nicht eingehalten – alleine die Wiener Spitäler und Wohlfahrtsanstalten benötigten über 4000 Tonnen Kohle pro Monat, doch nicht einmal das konnte erreicht werden. Mitte Jänner stellten sich die Bergleute der Sirius-Grünbach für eine freiwillige Sonntagsschicht zur Verfügung, die 94.000 kg Kohle für Wiener Kinder liefern konnte.

Der Mangel an Brennstoffen resultierte ab dem Jahreswechsel in zahlreichen Schließungen. Zu Jahresbeginn waren davon die öffentlichen Bäder betroffen. Ab 8. Jänner waren zunächst für eine Woche Theater und Kinos gesperrt, auch Konzerte entfielen. Kinos durften in Folge nur eine Vorstellung pro Tag zeigen. Am 6. Jänner beschloss der Stadtschulrat, den Unterricht auszusetzen, und vorerst Kälteferien bis 20. Jänner auszurufen: Die Schulen verfügten schlicht nicht über ausreichend Brennmaterial, um den Umständen entsprechend zu heizen. Die Schulausspeisungen liefen jedoch weiterhin. Mitte Jänner wurden auch die Volkshochschulen gesperrt. Die Kälteferien an den Schulen mussten zunächst bis 3. Februar, später bis 17. Februar und zuletzt bis 3. März verlängert werden – die wenige vorhandene Kohle wurde bevorzugt an die Spitäler und Bäckereien zugeteilt.

Die Kohle- und Koksversorgung verschlechterte sich weiter, auch aufgrund der Verkehrsbedingungen, die Lieferungen aus dem Ausland erschwerten – zeitweise traf Körner zufolge wochenlang keine Kohle ein, nur der Opferbereitschaft der heimischen Bergarbeiter war es zu verdanken, dass überhaupt noch welche nach Wien kam. In der ersten Februarhälfte kam dadurch nur die Hälfte der ohnehin schon knapp bemessenen benötigten Kohlemenge in Wien an, der Großteil des vorhandenen Koks ging an die Besatzungsmächte, die verbleibende Menge reichte nicht einmal für Spitäler und Heime. Die Gemeinde beschloss daher Mitte Februar, neben den Schulen alle Bäder, Büros und Haushalte mit Gasversorgung sowie die meisten Gewerbe und Betriebe von der Belieferung mit Kohle und Koks auszuschließen. Die berechtigten Gruppen (Haushalte ohne Gas, Ordinationen, Bäcker und Nahrungsmittelerzeugung, Küchen, Wäschereine für Spitäler und Anstalten, Wohlfahrtsanstalten) erhielten Kohle/Koks nur über Bezugsscheine.

In 218 Schulen konnten mit den knappen verbliebenen Brennstoffvorräten einzelne Räume beheizt werden, die als Wärmestuben dienten. Ab 13. Jänner wurden zwölf Wärmestuben eigens für Kinder eingerichtet. Fast eine halbe Million Menschen nutzte die Wärmestuben über den Winter. Pro Person wurde ein halber Liter Suppe oder ein Heißgetränk ausgegeben. Mit 31. März schlossen die Wärmestuben.

Gasunfälle

Viele Wiener und Wienerinnen nutzten trotz Verbots ihre Heizkörper, viele heizten ihre Wohnungen auch notdürftig mangels Alternativen mittels Gasflammen an Herden und Backrohren. Über Nacht wurde aber das Gas abgestellt, und oftmals wurde in Folge vergessen, den Gashahn zu schließen – dadurch kam es zu vielen Gasvergiftungen, denn morgens, wenn das Gas wieder bereitgestellt wurde, konnte es so ungehindert ausströmen. Ein größeres Problem waren hierbei die Heizkörper, da diese weit mehr Gas verbrauchten als Herde, und damit – sofern kein Feuer brannte – einen Raum vergleichsweise schnell mit Gas füllen konnten. 1946 starben 880 Menschen an Leuchtgasunfällen, das waren mehr, als 1945 durch Typhus umgekommen waren; im Winter starben fünfeinhalbmal mehr Personen an Gasunfällen als im Sommer, was einen eindeutigen Zusammenhang mit der Heizsituation belegt. Am 10. November 1946 alleine berichtete die Polizei von drei derlei Unfällen mit insgesamt fünf Toten.

Schneeräumung

Der Straßenverkehr war von den Witterungsverhältnissen stark betroffen. Zeitweise musste der öffentliche Verkehr aufgrund von Stromausfällen oder wegen der Schneemassen eingestellt werden. Spätestens Ende Jänner 1947 kam der städtische Schneeräumungsdienst nicht mehr hinterher. Am 23. Jänner wurden alle Schneepflüge für den 1. Bezirk benötigt, die Magistratsabteilung 48 verpflichtete Arbeitskräfte über Bescheid, die die Nacht lang durcharbeiteten. Dennoch konnte nur noch der notwendigste Verkehr aufrechterhalten werden – die Kapazitäten reichten gerade für Hauptstraßen und Straßen, wo die Straßenbahn fuhr. Die Bevölkerung wurde zur freiwilligen Mithilfe aufgerufen.

Am 16. Februar organisierte die Stadt einen "Großkampftag gegen Schnee" – das gesamte Personal des Reinigungsdienstes und des Fuhrwerkbetriebs arbeitete mit allen Fahrzeugen der Gemeinde sowie allen verfügbaren Privatfahrzeugen einen Sonntag lang. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 10 Millionen Kubikmeter Schnee in den Straßen. In Friedenszeiten hatte man 10.000 zusätzliche Hilfskräfte pro Tag für die Arbeiten zugezogen, doch jetzt waren gerade einmal 2000 Freiwillige verfügbar. Es erging daher ein Aufruf an die Bevölkerung, insbesondere an Angestellte und Arbeiter, die aufgrund von Betriebssperren ohnehin frei hatten. Ehemalige NS-Anhänger und Arbeitslose waren verpflichtet. Die Stadt war bestrebt, die Schneemassen vor einem eventuellen Tauwetter zu entfernen, um Überschwemmungen und Krankheiten vorzubeugen.

Wenige Tage später wurden auch Beamte und Gemeindebedienstete, Lehrkräfte und ältere Schulkinder aufgefordert, sich an den Räumungsarbeiten zu beteiligen. Etwa 450 Gemeindebedienstete befreiten die Gegend rund um das Rathaus von Schnee. Auf Aufrufe der Parteien hin beteiligten sich schließlich zehntausende Wiener und Wienerinnen an den Arbeiten, außerdem bildeten sich Arbeitsgruppen und Hausgemeinschaften, die lokal mithalfen. Am Rand der Stadt war die Situation durch Schneeverwehungen erschwert, an der Triester und Brünner Straße verrichteten Ende Februar/Anfang März 600 Leute täglich ihren Dienst, um die Straßen freizuhalten. Insgesamt kostete die Schneeräumung über 5 Millionen Schilling.

Öffentlicher Verkehr

Betroffen waren auch die öffentlichen Verkehrsmittel, deren Betrieb ohnehin schon durch Treibstoffmangel und Stromausfälle beeinträchtigt war. Am 3. Jänner konnte eine Straßenbahn auf vereisten Gleisen nicht rechtzeitig bremsen, und fuhr auf den Vorderzug auf – zwei Menschen starben, über 50 wurden verletzt. Die Witterung setzte dem Fahrmaterial stark zu, das oftmals gerade erst wieder in Stand gesetzt worden war. Ende Februar fielen an nur einem Tag 33 Triebwägen aus, damit waren bereits 80 Triebwägen zu wenig für den Regelbetrieb vorhanden. Einige Linien mussten komplett eingestellt werden, die Intervalle der übrigen wurden so weit wie möglich ausgedehnt. Die Reparaturwerkstätten arbeiteten unermüdlich, doch fehlte es wie überall an Material. Trassen am Stadtrand (Leopoldau) mussten ständig freigeschaufelt werden, am 28. Februar blieb sogar ein Schneereinigungstriebwagen in den Schneemassen stecken, der wegen eines Sturms auch nicht händisch befreit werden konnte.

Quellen

Referenzen

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.3.2