Schule im Nachkriegs-Wien

Die Schule im Wien der Nachkriegs-Zeit war besonders unmittelbar nach Kriegsende von Mangel geprägt. Viele Gebäude waren zerstört oder beschädigt und konnten nicht beheizt werden, das Inventar war großteils vernichtet oder gestohlen. Die Schülerinnen und Schüler waren unterernährt und verfügten weder über Kleidung noch Ausstattung.
Ausgangsbedingungen
Das Wiener Schulwesen in den ersten Jahren der Besatzungszeit war von vielen Herausforderungen geprägt. Viele Schulgebäude wurden während des Krieges zerstört oder soweit beschädigt, dass diese unbenutzbar wurden. Die noch wenigen verbleibenden Gebäude wurden jedoch nicht nur von den Schulen genutzt, sondern auch einige von den Alliierten besetzt, um dort Bezirkskommandos oder andere größere Abteilungen unterzubringen. Auch städtische Abteilungen taten dies, da viele Amtsgebäude ebenfalls beschädigt oder zerstört wurden. Hinzu kam noch das Problem der fehlenden Beheizung der Gebäude, aufgrund von Brennmaterialknappheit und, dass sich viele Schulen ein Schulgebäude teilen mussten und daher ein Wechselunterrichtsystem mit einem Vormittags- und einem Nachmittagsblock eingeführt wurde. Gleichzeitig verringerte sich die Anzahl an lehrenden Personen, da durch die Entnazifizierung der öffentlichen Behörden, diese 1945 entlassen wurden. Aufgrund des starken Lehrermangels, jedoch diejenigen ohne nennenswerten Vergehen im Dezember 1945 wieder zugelassen wurden, zumindest für das laufende Schuljahr 1945/46, um den Schulbetrieb nicht zu gefährden, unter der Voraussetzung, dass diese mit dessen Ende wieder suspendiert werden. Das größte Problem war jedoch die Gesundheit der Schulkinder, welche unter teilweise starker Unterernährung und dadurch auch an Krankheiten, wie Tuberkulose oder Kinderlähmung litten. Doch von Jahr zu Jahr wurden es stetig mehr Schulkinder und auch wieder mehr verfügbare Schulgebäude.
Das Schuljahr 1945/46
Im Schuljahr 1945/46 waren 409 Pflichtschulen in 254 Schulgebäuden untergebracht. Viele Kinder fehlten, da diese krank oder im Rahmen der Kinderlandverschickung, außerhalb Wiens versorgt wurden und sich erholen konnten. Seit dem Frühjahr 1946 wurde bereits, durch Interventionen des Wiener Bürgermeisters Theodor Körner bei den Kommandos der jeweiligen Besatzungsmächte, daran gearbeitet Schulgebäude für das kommende Schuljahr 1946/47 freizumachen und wieder instand zu setzen. Da mit einer steigenden Schüleranzahl gerechnet wurde, aufgrund der Rückkehr von kranken und evakuierten Kindern, sowie des geburtenstarker Jahrgangs 1940. Mit dem letzten Schultag, dem 28. Juni 1946, wurden alle Lehrer mit nationalsozialistischem Hintergrund wieder ihres Dienstes enthoben und somit die Entnazifizierung an den Wiener Schulen abgeschlossen. Die darauffolgenden Gesuche um reguläre Wiedereinstellung für das nächste Schuljahr wurden nicht vom Stadtschulrat bearbeitet, sondern nach Prüfung dem Unterrichtsministerium übergeben, welche diese wiederum dem VIAC zur Entscheidung vorlegte.
Das Schuljahr 1946/47
Im Schuljahr 1946/47 waren bereits 433 Pflichtschulen in 280 Schulgebäuden untergebracht, was sowohl einem Anstieg der Schüler, als auch der zur Verfügung stehenden Gebäude, im Gegensatz zum Vorjahr, darstellte. Jedoch war der Winter 1946/47 sehr stark und es kam zu einer Brennmaterialknappheit, weswegen der Unterricht teilweise ausgesetzt werden musste. Anfang 1947 wurde damit begonnen 136 Tonnen nationalsozialistischer Lehrbücher, die bis dahin unter Verschluss standen, unter Oberaufsicht des Polizeipräsidenten zu vernichten und das Papier, das aus dem Altmaterial gewonnen wurde, wiederum für Schulbücher zu verwenden, da eine allgemeine Papierknappheit herrschte. Jedoch wurden auch im Auftrag der Alliierten Schulkommission ein Teil der Bücher für Forschungszwecke aufgehoben. Die Erhebung und Aussortierung erfolgte durch verlässliche Lehrpersonen unter der Leitung des Wiener Stadtschulrates.
Das Schuljahr 1947/48
Für das Schuljahr 1946/47 gab es einen ausführlichen Lagebericht über das Wiener Schulwesen durch den Stadtschulrat, denn dieses startrete anders als die bisherigen. Aufgrund von vielen Fällen der Kinderlähmung, wurde der Beginn um vier Wochen, auf den 29. September 1947, verschoben. In dieser Zeit haben die Lehrer freiwillig in diversen anderen Dienststellen, wie Kanzleien, Bibliotheken und Kartenstellen gearbeitet und Aufräum- und Wiederherstellungsarbeiten in Gebäuden und Parkanlagen versehen. Sodass 298 Schulgebäude für Pflichtschulen und 46 Gebäude für 57 Bundesmittelschulen zur Verfügung standen, die auch dringend benötigt wurden, denn es wurde Platz für 140.000 Schüler in allen Schulstufen und Formen, sowie 27.000 Lehrlinge in den Berufsschulen benötigt. Davon waren 117.000 Schüler in den Pflichtschulen, was ein Anstieg von 35% im Gegensatz zum Schuljahr 1945/46 und 15% mehr als im Schuljahr 1946/47 war. In den ersten Volksschulklassen gab es ungefähr 25.500 neue Schulkinder mit einem fast ausgewogenen Verhältnis von 13.000 Buben und 12.500 Mädchen. In den Mittelschulen war dies mit 12.000 Buben und nur 5.200 Mädchen, also insgesamt 17.000 Schulkindern, nicht mehr der Fall. Dem Gegenüber standen 4.600 Lehrer an Pflichtschulen, wovon über 400 eine Schulleitung inne hatten und sogar 200 Reservelehrer zur Verfügung standen. In den Mittelschulen gab es 1400 Lehrer und an den Handelsanstalten über 200. Auffallend für dieses Schuljahr war die Tatsache, dass es viele Lehrerinnen im Gegensatz zu Lehrern gab. In den Pflichtschulen schon mit einem Verhältnis von 2:1, an den Mittelschulen knapp 1:1. Diese unterrichteten alle Geschlechter. Im Rahmen der statistischen Erfassung durch den Stadtschulrat gab es auch schulärztliche Untersuchungen für die Kinder, welche offenbarten, dass von den Pflichtschülern zwei Fünftel in der Entwicklung auffallend zurückgeblieben, schwer unterernährt und tuberkulosegefährdet waren. Nur ein Fünftel war vollkommen gesund. Kinder an den Mittelschulen hatten organischen Erkrankungen aufgrund von Unterernährung oder Traumata aufgrund der Kriegserlebnisse. Umso wichtiger war das Programm der Schülerausspeisung, das auch während der Sommerferien und der Schulsperre vor dem Schuljahr offen hatte und allen Schülern, unabhängig von Alter und Schulform offen stand. Dieses wurde mit Mitteln der Stadt Wien und der Hilfe aus dem Ausland, ganz besonders Dänemark, Schweden, Schweiz und den USA bereitgestellt. Außerdem stand diesmal genügend Kohle für den Winter bereit, damit der Unterricht nicht wieder ausgesetzt werden musste, wie im vorherigen Schuljahr. Alternativ wurde bereits ein Notunterricht geplant. Lehrmittel und Bücher wurden wieder durch die Gemeinde Wien unentgeltlich zur Verfügung gestellt, wie es bis zum Jahr 1934 üblich war. Jedoch war die Beschaffung aufgrund von Materialmangel schwierig. Da bisher keine neuen Regelungen für das Schulwesen erlassen wurden, galten die Vorgaben der ersten Republik, welche jedoch um moderne Ansätze erweitert wurden. So wurde neben Englisch und Französisch auch Russisch und Tschechisch als lebende Fremdsprache unterrichtet und auch später in den jeweiligen Besatzungszonen Werbung für die jeweilige Besatzungsmacht gemacht. Ab Dezember 1950 wurde in den Schulen des sowjetischen Bezirks Floridsdorf das Informationsplakat „So lebt Familie Strunin" über die fiktive sowjetische Vorzeigefamilie Strunin verteilt. Unabhängig davon legte der Stadtschulrat in der Lehrerfortbildung einen wichtigen Grundstein in der demokratischen Erziehung der Kinder. Erstmals wurde auch die Elternschaft an allen Schulen in Elterngemeinschaften zusammengefasst und seit Mai 1947 an allen Schulen Elternräte gewählt, die in Zukunft mit den Lehrern und dem stadtschulrat zusammenarbeiten sollten. Mit dem Stand vom 21. Dezember 1947 waren noch Schulgebäude durch Alliierte (10), Flüchtlinge (9), diverse Ämter (16), politische Parteien (9) und Karten- und Verrechnungsstellen (vorerst 14) besetzt, die für das kommende Schuljahr 1948/49 benötigt würden.
Entwicklung der Schülerinnen- und Schülerzahlen
Die Anzahl der Schulkinder stieg in den ersten Nachkriegsjahren rasant an: Besuchten im Schuljahr 1945/46 noch 87.252 Kinder die Wiener Schulen, so zählte man im folgenden Schuljahr schon 101.883. Ein Grund für diesen raschen Anstieg war die Rückkehr von im Zuge der Kinderlandverschickung evakuierten Kinder. Zu Beginn des Schuljahrs 1947 zählte man alleine 117.000 Pflichtschüler und -schülerinnen, davon 25.500 in der ersten Klasse. Im Zeitraum 1945-1949 verdoppelte sich die Zahl der Schulkinder sogar. Diese Entwicklung trug entscheidend zur ohnehin herrschenden Raumnot bei, denn die Instandsetzungsarbeiten in den beschädigten Schulen konnten nicht mit dem rasch wachsenden Bedarf Schritt halten. Es kam daher zu Wechselunterricht (1945/46 waren fast 50% der Schulbesuchenden betroffen) und Schichtunterricht (1945/46: fast 4%). Außerdem wurden improvisierte Schulbaracken errichtet. Ab 1948 forcierte die Stadt den Neubau von Schulgebäuden.
1950 gab es erstmals in drei Bezirken (7., 15. und 17.) ausreichend Schulräume, sodass auf den Wechselunterricht verzichtet werden konnte. Im Schuljahr 1951/52 lernten fast 150.000 Kinder in den öffentlichen Pflichtschulen, dazu kamen über 11.000 in Privatschulen; noch befanden sich 15% aller Pflichtschülerinnen und -schüler im Wechselunterricht. Dazu kamen 54 öffentliche Mittelschulen (rund 23.500 Schulkinder) und zehn private (2.380 Kinder).
Bis 1952 stieg die Zahl der Pflichtschulbesuchenden nochmals auf 154.000, doch Ende 1952 wurde erstmals evaluiert, ob angesichts der zukünftig sinkenden Schulkinderzahlen und der Neubauten überhaupt noch eine Instandsetzung aller zerstörten Schulgebäude nötig wäre – man prognostizierte, bis 1954/55 ausreichend Gebäude zur Verfügung zu haben. Im Jahr 1954 kam es in Hinsicht auf die Entwicklung der Schülerzahlen in der Tat zu einer Trendwende, mit Schulbeginn sank diese von 148.000 auf 126.000. Dies lag nicht nur am Schuleintritt eines geburtenschwachen Jahrgangs, sondern auch an der Abtretung der Randgemeinden an Niederösterreich: 90 Pflichtschulen mit über 14.500 Kindern fielen 1954 aus der Verwaltung der Stadt Wien.
Schulgebäude und Ausstattung
Wiederaufbau
Mit Kriegsende waren Räumlichkeiten für 126 Volks-, 55 Haupt- und 10 Sonderschulen vorhanden, wovon bis Ende Mai auch fast alle wieder in Betrieb genommen werden konnten. 55 Schulgebäude waren komplett zerstört, 67 schwer beschädigt; alleine über 40.000 m² Fensterglas fehlten. Rund 50 Schulbauten waren außerdem zweckentfremdet worden, zum Beispiel als Kartenstellen, mehr als 20 Gebäude waren von den Sowjets beschlagnahmt, fünf von den Briten, vier von den US-Streitkräften. In den Bezirken zog man für die Behebung kleinerer Schäden die Eltern heran. Ende Mai 1945 waren bereits 179 Volksschulen, 80 Hauptschulen sowie 15 Sonder-/Hilfsschulen in Betrieb.
Danach stagnierte der Wiederaufbau, da es an Baustoffen und Transportmitteln mangelte, und so blieben vor allem die schwerer beschädigten Gebäude jahrelang unbenutzbar. Noch im Oktober 1946 waren von 420 Schulgebäuden nur 295 für schulische Zwecke in Verwendung, rund 100 Schulbauten wurden nach wie vor für andere Zwecke gebraucht, so etwa als Unterkunft für Besatzungstruppen (im Juni 1946 hatte dies noch 52 Gebäude betroffen, bis Oktober war die Zahl aber deutlich gesunken) oder Arbeitskräfte, als Amtsstellen, Notspitäler, Flüchtlingslager oder Parteiheime. Viele Schulen waren daher in anderen Gebäuden untergebracht (Ende 1946: 149 Schulen). Im Sommer 1948 gab es 321 städtische Schulen, wovon seit Sommer 1947 24 instandgesetzt worden waren.
Einige besonders schwer beschädigte Gebäude konnten erst nach jahrelanger Arbeit wieder eröffnet werden, etwa die zerbombte und ausgeplünderte Schule in der Knöllgasse, wo die komplette Inneneinrichtung erneuert werden musste. Ganze drei Jahre dauerte der 1951 abgeschlossene Wiederaufbau der Schule im Fasanviertel, die Kosten beliefen sich auf 3,5 Millionen Schilling – das Gebäude war durch eine Bombe bis in den Keller aufgerissen worden. Über sechs Jahre zog sich die Wiederherstellung der Berufsschule Mollardgasse. Im April 1949 konnte man die 92. wiederhergestellte Schule vermelden, Anfang 1951 feierte man in der Pernerstorfer Schule die 120. vollständige Reparatur. Im Herbst 1952 waren bereits 160 Schulen wiederhergerichtet worden. Im Wiederaufbauprozess wurden zu dieser Zeit oft Erneuerungen und Modernisierungen vorgenommen, beispielsweise richtete man Physiksäle ein.
Nach und nach wurden auch immer mehr zweckentfremdete Schulgebäude freigegeben, lediglich zwei Schulen blieben bis zum Abzug der Besatzungsmächte 1955 von diesen besetzt. Allerdings kam es anlassbedingt auch immer wieder zur anderweitigen Verwendung von Schulgebäuden, so etwa 1951 in Ober-Laa für Hochwasser-Evakuierte oder 1954, als gleich zehn Schulen nötig waren, um die Hochwasser-Opfer unterzubringen. Noch 1955 gab es Schulruinen, so etwa die Volksschule am Czerninplatz (Leopoldstadt).
Eine große Herausforderung stellten die Kinder und Jugendlichen dar, die aufgrund der Kriegsereignisse zu viele Fehlstunden hatten, und daher ihren Abschluss nicht erlangen konnten. Für sie organisierte die Organisation "Jugend am Werk" Nachholkurse, in Folge kümmerte sie sich auch um Schulabgänger und -abgängerinnen.
Neubauten
Die vermutlich erste neue Schule der Nachkriegszeit entstand aus einer Privatinitiative engagierter Eltern, die Ende 1945 Räume in einem Forstverwaltungsgebäude (13., Hermesstraße 1) adaptierten. Die Kinderzahl im Umfeld war während des Kriegs beträchtlich gestiegen, und teilweise hatten die Schulkinder zuvor einen Weg von drei Kilometer zurückzulegen gehabt. Im Mai 1946 übernahm das Bauamt den Umbau des Gebäudes, der 1948 abgeschlossen wurde.
Durch die nach Kriegsende zunächst stark steigende Schulkinderzahl wurde neben der Instandsetzung der beschädigten Gebäude der Neubau von Schulgebäuden unerlässlich, und im Sommer 1948 gab die Gemeinde mehrere davon in Auftrag. Die erste nach 1945 neu errichtete Schule eröffnete Bürgermeister Körner am 1. Oktober 1949 in der Nordrandsiedlung (Leopoldau), zwei weitere sollten innerhalb von nur einer Woche folgen (die Per Albin Hansson-Schule und die Baseler Schule in Siebenhirten), bis Jahresende kam noch die Schule am Wolfersberg hinzu.
Diese neuen Schulen sollten an die Ideale der Zwischenkriegszeit anschließen, und insbesondere an die Reformen Otto Glöckels, nach dem bereits 1945 eine Schule benannt worden war (Otto-Glöckel-Schule, 13., Veitingergasse 9). Bürgermeister Theodor Körner begriff diese "neue Schulen" als "Experimente", die eine "revolutionäre Note" in sich tragen müssten – ohne diese würden sie stets "im Reaktionären enden"[1] – dafür waren die vier Neubauten am Stadtrand ideal geeignet. Das Schulgebäude am Wolfersberg war zum Zeitpunkt der Eröffnung das modernste Schulgebäude der Stadt, insbesondere im sanitären Bereich setzte es neue Maßstäbe: Waschbecken befanden sich in den Toiletten, den Klassenräumen und dem Turnsaaltrakt, außerdem gab es Trinkbrunnen, eine Zentralheizung und Milchausgaben mit Wärm- und Kühlfunktion.
Schwieriger war dieser Anspruch in der Innenstadt umzusetzen, wo 1950 anstelle eines kriegsbeschädigten Amtsgebäudes in der Schäffergasse der Grundstein für eine weitere Schule mit acht Volks- und acht Hauptschulklassen gelegt wurde. Da in der Stadt kaum verfügbare Grünflächen vorhanden waren, versuchte man, diesen Mangel durch einen großen Pausenhof und einen Turnsaal zu kompensieren, auch sonst sollte das Gebäude modernen Anforderungen entsprechen, beispielsweise über große Fenster und moderne technische Ausstattung, es gab einen Musiksaal, einen Physiksaal und zahlreiche andere Einrichtungen. Die Ausstattung der Schule Schäffergasse (und der etwa zeitgleich errichteten Schule in Stadlau-Hirschstetten) diente in Folge als Vorbild bei der Modernisierung älterer Hauptschulen, deren Gas-, Wasser- und Elektroeinrichtungen ab 1952 erneuert wurden. 1952 wurde die siebente Nachkriegs-Schule in Jedlesee eröffnet, auch sie mit Turnsaal, Duschen, und einem Freibereich mit Rasenflächen. Außerdem wurden neue Schulpavillions errichtet, so etwa 1951 in Breitenlee und Stammersdorf.
Im Herbst 1947 ging in einem alten Ottakringer Schulgebäude (16., Seitenberggasse 12) die erste Kombination aus Volksschule und Hort in Betrieb, in diesem Projekt des Stadtschulrats und des Städtischen Wohlfahrtsamt sollte die Kombination von Schule, Freizeit und Fürsorge erprobt werden.
Ausstattung
Nicht zuletzt das starke Anwachsen der Schulkinderzahl bis 1946 durch die Rückkehr von verschleppten oder geflohenen Kindern trug entscheidend zum eklatanten Mangel an Schulmaterial bei, das die Stadt Wien zur Verfügung stellte. Für das Schuljahr 1946 konnte jedem Kind ein Heft ausgehändigt werden, bis November war der Jahresbedarf an Heften und Bleistiften nur zu einem Drittel gedeckt. Schreibfedern waren gar keine vorhanden, und die Produktion war in Wien zu diesem Zeitpunkt noch nicht angelaufen. Außerdem mangelte es an Lehrbüchern, insbesondere an den Volksschulen, wo alle Bücher wegen nationalsozialistisch belasteten Inhalts ersetzt werden mussten.
Erst 1947 kam es zu umfangreichen Reparaturen am Inventar durch die Stadt, unter anderem wurden 14.500 Bänke und 2.400 Tafeln wieder einsatzbereit gemacht, aber auch Nähmaschinen und Klaviere konnten wiederhergestellt werden. 850 Schulbänke wurden von der Stadt angekauft, im Folgejahr wurden die Anschaffungen weit umfangreicher, so erwarb man etwa 5000 Bänke. Im Jahr 1953 investierte die Gemeinde 2,5 Millionen Schilling in neues Mobiliar für 11.400 Kinder, womit nun 94.000 Schülerinnen und Schüler über moderne Möbel verfügten. Außerdem errichtete man 15 Küchen in Mädchen-Hauptschulen.
Bis 1948 hatte die Stadt um fast vier Millionen Schilling über 660.000 Schulbücher bereitgestellt. Einer privaten Elterninitiative verdankte die Volksschule in der Keplergasse eine 1948 errichtete Schulfunkanlage. 1952 erhielten die Wiener Schulen Anschauungsmaterial aus den Lehrmittelsammlungen wissenschaftlicher Institute, darunter anatomische Präparate.
Probleme der unmittelbaren Nachkriegszeit
Eine Untersuchung im 5. Bezirk im Mai 1945 ergab, dass 42% der Schulkinder ernsthaft unterernährt waren, 2% hatten Läuse. Die am 17. September 1945 beginnende Schulausspeisung spielte daher eine wichtige Rolle in der Ernährung der Kinder und Jugendlichen in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Im November erhielten bereits mehr als 110.000 Kinder sechsmal die Woche eine warme Mahlzeit, in den ersten sechs Wochen wurden über 500.000 Portionen ausgegeben. Die Schulen waren lange Zeit auf Spenden aus dem Ausland angewiesen, im November 1946 stellte etwa die Schweiz Lebensmittel für den Kochunterricht zur Verfügung.
Da die Schulen aufgrund von Brennstoffmangel nicht geheizt werden konnten, mussten sie im Winter 1945/46 (Dezember/Jänner) gesperrt bleiben, auch der extrem kalte Winter 1946/47 hatte umfangreiche Schulschließungen zu Folge, wobei aber die Ausspeisung weiterhin betrieben wurde. Die beheizbaren Schulen dienten als öffentliche Wärmestuben. Die Wiederaufnahme des Schulbetriebs war zunächst für Anfang Februar angesetzt, konnte aber nicht vor dem 4. März wieder stattfinden, und auch danach war der Unterricht oft nur verkürzt möglich, viele Schulgebäude dienten weiterhin als Wärmestuben.
Ein Problem für den Schulbesuch stellte der unterbrochene öffentliche Verkehr dar. Aber auch das persönliche Elend der Kinder brachte viele Hindernisse mit sich: Einer Erhebung des Stadtschulrats zufolge hatten noch im Oktober 1946 13,7% aller Schulkinder keine Schuhe, 7,3% mussten deshalb dem Unterricht fernbleiben. 1947 wurden an den Schulen zigtausende Schuhe ausgegeben, die von ausländischen Hilfsorganisationen, den Quäkern und der Stadt Wien bereitgestellt wurden. Eine dänische Ärztekommission stellte 1948 fest, dass die Schulkinder zwar in einem gesundheitlich schlechten Zustand seien, den Umständen entsprechend aber gut umsorgt. Besonders erwähnt wurde die Tatsache, dass manche Eltern ihre Kinder in die Schule trugen, da deren Schuhe zu schlecht waren, um selbst zu gehen.
Schulpolitik und Verwaltung
Als Staatssekretär für Volksaufklärung, Unterricht, Erziehung und Kultusangelegenheiten in der provisorischen Regierung Renner fungierte das KPÖ-Mitglied Ernst Fischer. Er verschrieb sich der Begründung einer "neuen österreichischen Schule", seine Rede zu diesem Thema wurde zu Beginn des Schuljahres im September 1945 in die Klassen übertragen. Nach den ersten Wahlen übernahm Ende 1945 Felix Hurdes (ÖVP) das Amt des Unterrichtsministers.
Auf Stadtebene war in der unmittelbaren Nachkriegszeit Vizebürgermeister Leopold Kunschak für den Wiederaufbau des Schulwesens zuständig. Die Schulgebäude fielen in die Verwaltung der Magistratsabteilung 55 (Schulwesen). 1953 beschloss der Stadtsenat die Auflösung dieser Magistratsabteilung, ihre Agenden wurden der Magistratsabteilung 56 eingegliedert, die den neuen Namen "Städtische Schulverwaltung" erhielt (zuvor: Verwaltung der Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).
Schulen als gesellschaftspolitische Akteure
Schulen als gesundheitspolitische Akteure
Unmittelbar nach dem Krieg war ein eklatanter Mangel an Schulärztinnen und -ärzten zu verzeichnen, denn viele davon mussten aufgrund ihrer NS-Vergangenheit ersetzt werden, und so gab es Ende Mai 1945 gerade einmal 15 Schulmediziner. Dennoch dienten die Schulen in Folge als wichtige gesundheits- und sanitärpolitische Akteure, vor allem bei der Bekämpfung von Epidemien. Unter anderem über die Volksschulen organisierte das Gesundheitsamt der Stadt 1946 Diphtherieimpfungen, 1949 kam es zu einer groß angelegten Tuberkulose-Impfaktion an den Schulen. Die Schulen wurden auch genutzt, um die Kinder über die Gefahren der Rattenplage 1947 aufzuklären und sie vor dem Hantieren mit aufgefunden Sprengkörpern zu warnen. 1948/49 waren die meisten städtischen Schulzahnkliniken wieder einsatzbereit, 17 Stellen behandelten in einem Schuljahr über 70.000 Pflichtschulkinder, es gelangten auch unentgeltlich Zahnbürsten zur Ausgabe.
Schulen als kulturpolitische Akteure
Gegen Mitte der 50er Jahre waren die größten Probleme gelöst, und so konnte man sich auch der kulturellen Ausbildung der Schulkinder widmen. Schülerinnen und Schüler kamen über das Theater der Jugend und die Sendungen des Schulfunks schon früh mit Theater in Berührung. Im Oktober 1953 kamen Schauspielerinnen und Schauspieler des Burgtheaters in 25 Mittelschulen, um dort einzelne Szenen aus "Maria Stuart" aufzuführen, im Folgejahr wurde dieses Programm mit "Don Carlos" fortgesetzt. Ebenso 1954 wurden 40 Kunstwerke lebender Wiener Kunstschaffender in einer Schulgalerie in Wienerfeld-Ost präsentiert, das Programm wurde danach auf andere Schulen ausgeweitet.
Schule und Besatzungsmächte
Auf Druck der sowjetischen Besatzungsmacht sollte der Russischunterricht in den Schulen forciert werden. 1947 wurden daher Lehrstellen für Russisch an Handelsakademien und Kaufmännischen Wirtschaftsschulen ausgeschrieben. 1951 stellte dies die Stadt vor Probleme, da schlichtweg nicht genug Interesse vorhanden war, und die Mindestschülerzahlen oftmals nicht erreicht werden konnten. Dies erhöhte die Personalkosten, doch nahm man diese Zusatzkosten auf sich, um die Sowjets nicht zu verärgern.
US-amerikanische Schulen etablierten spätestens 1948 Brieffreundschaften mit Wiener SchülerInnen, um einerseits den Fremdsprachenerwerb zu unterstützen, andererseits freundschaftliche Bande zwischen den Ländern herzustellen. Die John Nuner School (South Bend, Indiana) übernahm die Patenschaft für zwei Wiener Hauptschulen.
Im Herbst 1948 eröffnete im Amerling-Gymnasium das Lycée Français de Vienne, an der ausnahmslose französische LehrerInnen nach französischen Lehrplänen unterrichteten. Sie bestand aus einer Volks- und einer Mittelschule, Ziel war die Vorbereitung auf das Baccalaureat.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.4.3 – Schulen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.4.22
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.4.7
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.3.3
- Rathauskorrespondenz vom August 1945, September 1945, Oktober 1945, März 1946, Juni 1946, Oktober 1946, November 1946, Jänner 1947, März 1947, April 1947, Juli 1947, September 1947, Oktober 1947, Jänner 1948, März 1948, April 1948, Mai 1948, Juni 1948, Juli 1948, Oktober 1948, Februar 1949, April 1949, Dezember 1949, Jänner 1950, März 1950, Juni 1950, Februar 1951, April 1951, Mai 1951, Oktober 1951, November 1951, Mai 1952, Oktober 1952, Mai 1953, Juni 1953, August 1953, Juli 1954, September 1954, Mai 1955
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, MD, Alliierte Verbindungsstelle, A1, Akten 8/46, 106/46, 164/46, 170/46, 199/46, 119/47, 241/46, 247/46, 9/47, 10/47, 119/47
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, MD, Alliierte Verbindungsstelle, A1, Schachtel 9, 2; Jagd, Kanalisation, Ferngas, diverse Angelegenheiten 1947-1954, Diverses zum Jahr 1950
Referenzen
- ↑ Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.3.3 Reden 2, "Schlagworte für die Rede des Herrn Bürgermeisters anlässlich der Grundsteinlegung zur Volks- und Hauptschule für Knaben und Mädchen im 4. Bezirk, Wieden, Schäffergasse"