Krankenhäuser im Nachkriegs-Wien
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So gut wie alle Wiener Spitäler litten unter den Kriegsereignissen im Frühjahr 1945, einige waren schon davor durch Bombenangriffe schwer beschädigt worden. Nach Kriegsende waren viele Gebäude zumindest kurzfristig besetzt, einige blieben bis 1955 in der Hand der Besatzungsmächte. Die generelle Mangelsituation erschwerte einerseits den Wiederaufbau der beschädigten Gebäude, andererseits war auch die Versorgung der Spitäler eine Herausforderung, da weder Nahrungsmittel, noch Brennstoffe oder Medikamente in ausreichendem Ausmaß zur Verfügung standen, mangels Transportmittel hätten diese aber auch kaum herangeschafft werden können. Die Spitäler wurden aber immerhin bevorzugt mit Kohle beliefert, so etwa im strengen Winter 1946/47. Die Strom-, Gas- und Wasserversorgung war noch längere Zeit höchst unzuverlässig. Ein weiteres Problem stellte ideologisch belastetes Führungspersonal dar, das ersetzt werden musste. Das Rettungswesen war extrem eingeschränkt, und wichtige Geräte, wie etwa Röntgengeräte, hatte man vor Kriegsende zum Schutz aus der Stadt gebracht. In so gut wie allen Bereichen war eine Abstimmung mit der sowjetischen Besatzungsmacht notwendig. Durch Schäden fehlten den Krankenhäuser etwa 1400 Betten, 2400 weitere waren von den Besatzungsmächten in Beschlag genommen.
In einer Aufstellung der Stadt Wien aus dem Jahr 1946 wird die Grenze zwischen privaten und öffentlichen Krankenhäusern nicht immer ganz deutlich gezogen wird, da während der NS-Zeit viele Anstalten arisiert worden waren oder in die Verwaltung der Stadt fielen. Oftmals wurden diese später (teilweise erst nach 1955) den ursprünglichen Trägern zurückübertragen. Kirchliche Institutionen dienten während des Kriegs oft als Lazarette. Viele Krankenanstalten waren umbenannt worden, und trugen in der unmittelbaren Nachkriegszeit oftmals noch die Namen der NS-Zeit.
Öffentliche Krankenhäuser 1946
- Krankenhaus der Stadt Wien/Krankenhaus Lainz (13., Wolkersbergenstraße 1): Pavillon I und IIIa wurden von den britischen Truppen für Spitalszwecke genutzt; Pavillon I wurde 1952 freigegeben, Pavillon IIIa erstmals 1947, dann aber 1948 erneut teilweise beschlagnahmt und als Offizierswohnhaus verwendet, obwohl dort inzwischen auch ein Rheumaambulatorium angesiedelt war. 1949 um eine Zahnstation ergänzt. 1953 verfügte das Krankenhaus über insgesamt 1831 Betten.
- Wilhelminenspital (16., Montleartstraße 37): 1947 Beschluss, einen Gipsraum einzurichten. 1950 eröffnete hier ein Großinhalatorium, dessen Inhalationsfeinzerstäuber Medikamente bis tief in die Lungen befördern konnte, was unter anderem der Tuberkulose-Bekämpfung zuträglich war. 1952 stand hier auch die erste "Eiserne Lunge" Wiens.
- Allgemeines Krankenhaus (9., Alser Straße 4): zwei Pavillons Totalschaden. Die während des Kriegs angelegten Luftschutzkeller wurden erst ab 1947 geräumt. 1950 eröffnete hier eine stark gefragte Epileptikerambulanz, 1953 die zu diesem Zeitpunkt modernste Röntgenstation Wiens. Am 30. September 1953 wurde das Krankenhaus von einem Bombenattentat erschüttert – eine Person starb, 25 Personen wurden verletzt, es entstand erheblicher Sachschaden. 1954 tötete die Explosion einer Kohlensäureflasche eine Person.
- Kaiser-Franz-Josef-Spital (10., Kundratstraße 3): Das Kaiser-Franz-Josef-Spital erlitt vergleichsweise schwere Kriegsschäden, bei acht Luftangriffen kam es zu 134 Bombeneinschlägen, 15 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verstarben dabei. Von 38 Pflegeeinheiten blieben nur 17 intakt, rund 70% der Betten waren betroffen. Zu Kriegsende musste der Betrieb vorübergehend gänzlich eingestellt werden (im April befand sich das Krankenhaus im Kampfgebiet), erst in der zweiten Maihälfte 1945 konnte es seine Arbeit wieder aufnehmen; es leistete einen wichtigen Beitrag bei der Ruhr- und Typhusbekämpfung (ca. 700 Typhus-Kranke aufgenommen). Das Spital hatte 1938 noch über 965 Betten verfügt, davon konnte man bis April 1946 nur 627 wiederherstellen. Auch das Kesselhaus, das Küchengebäude, der Kanal, Strom-, Wasser und Gasleitungen sowie das Röntgeninstitut mussten repariert werden, 15.000 m3 Schutt befanden sich am Gelände. Der Wiederaufbau kostete bis 1950 10 Millionen Schilling. Bis 1948 war der Röntgenbetrieb auf drei Orte verteilt, dann bewilligte die Gemeinde Mittel für den Wiederaufbau eines zentralen Röntgeninstituts. Ab 1951 Ausbau zum modernen Infektionsspital – ein neuer vierstöckiger Pavillon mit 50 Krankenzimmern war als das modernste Krankenhaus Wiens konzipiert. 1953 Einbau einer Radioanlage, alle 800 Betten erhielten Anschluss an den Rundfunk. Für 1953 wurden 14 Millionen Schilling für die Behebung von Kriegsschäden bereitgestellt; 1954 gab der Gemeinderat nochmals 4,7 Millionen Schilling für die Instandsetzung des Infektionskrankenhauses frei.
- Rudolfstiftung (3., Boerhaavegasse 8-13): schwer beschädigt 1945 von der Gemeinde Wien übernommen, Ausfall von etwa 300 Betten. 1948 wurde eine Hochdruck-Schnellsterilisierungseinheit für das Krankenhaus in Auftrag gegeben, 1949 kamen eine Zahn- und eine Kieferstation mit zwei Operationsräumen dazu.
- Kaiserin-Elisabeth-Spital (15., Huglgasse 1-3): Totalschaden am Pavillon 4 (rund 60 Betten); unmittelbar nach Kriegsende als russisches Lazarett in Verwendung
- Wiedner Krankenhaus (4., Favoritenstraße 40): im Krieg beschädigt, von der Roten Armee besetzt und als Spital genutzt, danach zum Obdachlosenheim umgewandelt – nach dem Ende der Besatzungszeit 1956 abgerissen
- Sophienspital (7., Apollogasse 19): in der unmittelbaren Nachkriegszeit als Infektionsspital für Typhus und Ruhr geführt
- Wiener Allgemeine Poliklinik (9., Mariannengasse 10): mittlerer Schaden, Ausfall von 58 Betten. Der Poliklinik war in der NS-Zeit das Maria-Theresia-Frauen-Hospital (8., Feldgasse 9) als gynäkologische Abteilung eingegliedert worden; diese wurde 1949 aufgelöst und ab 1951 durch eine hygienisch-bakteriologische Untersuchungsanstalt ersetzt, die unter anderem das Trinkwasser prüfte und Fragen der Wohnungs- und Schulhygiene untersuchte. Auch eine Tuberkulose-Abteilung wurde dort eingerichtet.
- Krankenhaus der Wiener Kaufmannschaft (19., Peter-Jordan-Straße 82): von September 1945 bis 1955 von der US-Armee besetzt und als Spital für US-amerikanische Soldaten und Zivilpersonen genutzt
- St.-Rochus-Spital (14., Cumberlandstraße 53): im November 1945 für Flecktyphus-Verdachtsfälle reserviert. 1958 geschlossen und in die Krankenabteilung des Altersheims Baumgarten umgewandelt
- Brigittaspital (20., Stromstraße 72): Frauenklinik, 1945 bis 1955 von der Roten Armee besetzt und als Spital genutzt
- Frauenklinik Gersthof (zuvor St.-Augustinus-Krankenhaus, 18., Wielemansgasse 28)
- Maria-Theresien-Schlössel (auch Nervenheilanstalt Döbling; 19., Hofzeile 18-20): ein Trakt Totalschaden, Ausfall 50 Betten; nach Kriegsende kurzzeitig sowjetisch besetzt. 1953 Rückbenennung in Maria-Theresien-Schlössel.
- Krankenhaus Floridsdorf (21., Franklinstraße 45): In Floridsdorf war während des Krieges ein neues Spital entstanden, 1941 hatte die Wehrmacht eine Schule in der Franklinstraße in ein Heereslazarett umbauen lassen. Nach der Zerstörung der Donaubrücken war dieses Krankenhaus für die Wiener Stadtteile nördlich der Donau zuständig, obwohl es nur über 100 Betten, einen Oberarzt, eine Ärztin und drei Assistentinnen verfügte. Bis Mai 1946 wurden die chirurgische und die interne Abteilung des Spitals um 1,2 Millionen Schilling systematisch auf insgesamt 170 Betten ausgebaut. Noch 1950 war dieses nun mit 200 Betten bestückte Krankenhaus das einzige nördlich der Donau.
- Krankenhaus Mödling (Mödling, Weyprechtgasse 12): 1954 an Niederösterreich übergegangen
- Krankenhaus Klosterneuburg (Klosterneuburg, Hofkirchnergasse 2): 1954 an Niederösterreich übergegangen
Öffentliche Kinderspitäler 1946
- Kinderklinik Glanzing (18., Glanzinggasse 37)
- Karolinen-Kinderspital (9., Sobieskigasse 31)
- Gottfried von Preyer’sches Kinderspital (10., Schrankenberggasse 31): 2 Krankenabteilungen durch Krieg beschädigt, Ausfall von rund 80 Betten. 1947 Aufräumarbeiten durch den Internationalen Zivildienst
- Mautner Markhofsches Kinderspital (3., Baumgasse 75): keine Kriegsschäden
- Leopoldstädter Kinderspital (2., Obere Augartenstraße 26): 1951 geschlossen und in ein Lehrlingsheim umgewandelt
- St.-Josef-Kinderspital (NS-Zeit: Theodor von Escherich-Kinderkrankenhaus; 4., Kolschitzkygasse 9): Totalschaden, 100 Betten Ausfall – nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiedererrichtet
Öffentliche Heime und Anstalten 1946
- Nervenheilanstalt Rosenhügel (13., Riedelgasse 5): 1939 arisiert, im Krieg schwer beschädigt. 1945 Wiedereröffnung, Aufnahme erster Patienten und Patientinnen; Reparaturarbeiten durch das Personal. 1947 Wiederinstandsetzung des Pavillons B beschlossen. Die Anstalt verfügte über einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb mit u.a. 72 Schweinen. 1956 Wiedererrichtung der Trägerstiftung.
- Lungenheilanstalt der Stadt Wien Baumgartner Höhe, nach der benachbarten Heil- und Pflegeanstalt im Volksmund auch Am Steinhof genannt (13., Sanatoriumstraße 2)
- Wiener Landes-Heil- und Pflegeanstalt Am Steinhof (13., Baumgartnerhöhe 1): Pavillon 23 von der französischen Armee besetzt und für die Unterbringung von Polizeihäftlingen genutzt. Nach dem Krieg wurde die Anstalt jahrelang provisorisch als Zentrales Infektionskrankenhaus geführt (etwa 600 Betten).
- Zentralkinderheim der Stadt Wien (18., Bastiengasse 36/38): das Kinderheim hatte einen medizinischen Schwerpunkt, und war vor allem für die Betreuung kranker und schwacher Kinder zuständig. Während des Krieges war hier die Semmelweis-Klinik eingerichtet worden, die auch nach dem Krieg eine der wichtigsten Gebärkliniken der Stadt blieb.
- Kinderheim Weidlingau-Wurzbachtal (14., Herzmanskystraße)
Öffentliche Krankenhäuser und Anstalten außerhalb Wiens 1946
- C. M. Frank-Kinderspital (Lilienfeld)
- Kinderheilanstalt Bad Hall (Oberösterreich)
- Kinderheilanstalt Sulzbach-Ischl (Sulzbach, Oberösterreich): Ab Jänner 1954 vom Wiener Jugendhilfswerk als Kindererholungsheim geführt
- Kinderheilanstalt San Pelagio (Rovinj, Jugoslawien): bis zum Zweiten Weltkrieg geführt von der Stadt Wien, 1947 in Besitz Jugoslawiens
Private Krankenanstalten 1946
- Rudolfinerhaus (19., Billrothstraße 78): in der NS-Zeit an das Deutsche Rote Kreuz übertragen, 1948 an Trägerverein rückgestellt
- St.-Elisabeth-Spital (3., Landstraßer Hauptstraße 4a)
- Krankenhaus der Barmherzigen Brüder (2., Große Mohrengasse 29)
- Spital der Kongregation der Schwestern vom 3. Orden des heiligen Franziskus (5., Hartmanngasse 5)
- Spital der Barmherzigen Schwestern (6., Liniengasse 19): 1944 von Bomben getroffen, Wiederaufbau bis 1949
- Mariahilfer Ambulatorium (6., Sandwirtgasse 3-5)
- Sanatorium Auersperg (8., Auerspergstraße 9): 1956 geschlossen
- Confraternität (8., Skodagasse 32): während der NS-Zeit in eine GmbH umgewandelt, 1946 Wiederzulassung des Trägervereins
- St.-Anna-Kinderspital (9., Kinderspitalgasse 6)
- Wiener Kurhaus Goldenes Kreuz (9., Lazarettgasse 20 und 16): Geburtenklinik, 1951 an den Trägerverein zurückgestellt
- Wiener Privatklinik (9., Pelikangasse 15): 1940 arisiert, zuvor "Privatheilanstalt der S. Canning Childs Stiftung"
- St. Josef Krankenhaus (13., Auhofstraße 189)
- Göttlicher Heiland, zeitweise geführt als "Privatheilanstalt für innere und chirurgische Krankheiten" (17., Dornbacher Straße 20-26): nach dem Krieg wieder kirchlich geführt
- Evangelisches Diakonissinnen-Krankenhaus (18., Hans Sachs-Gasse 12)
- Unfallkrankenhaus der Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt (20., Webergasse 2-6): trotz Bombenschäden 1945 weiterhin in Betrieb; kleinere Zerstörungen, angerichtet durch die Front und die Sprengung der Friedensbrücke, konnten in den ersten Nachkriegsjahren behoben werden. Die während des Kriegs errichtete Sonderstation Stollhof (Klosterneuburg) wurde unter Mithilfe der Patienten und Patientinnen zu einer Nachbehandlungsstation für Schwerverletzte umgestaltet.
- Wiener Cottagesanatorium (18., Sternwartestraße 74): von der US-Armee besetzt und als Unterkunft genutzt, nach 1955 an die Sowjetunion verkauft
- Sanatorium Himmelhof (13., Himmelhofgasse 35): kurzzeitig von Alliierten genutzt, danach wieder als Sanatorium in Verwendung
- Sanatorium Hera (9., Löblichgasse 14): durch Bomben schwer beschädigt, Wiedereröffnung 1949
- Sanatorium Purkersdorf (14., Purkersdorf, Wiener Straße 74)
Jüdische Krankenanstalten 1946
- Jüdisches Krankenhaus (2., Malzgasse 16/Untere Augartenstraße 35): Im Jahr 1942 hatten die Nazis den Umzug des Rothschildspitals vom Währinger Gürtel in die Malzgasse erzwungen, wo sich zuvor eine Talmud-Thora-Schule, ein Altersheim und ein Sammellager befunden hatten. Das dortige Spital bestand noch nach Kriegsende und versorgte Überlebende. 1956 wurde das Gebäude an die Israelitische Kultusgemeinde rückerstattet. Das beschädigte Gebäude am Währinger Gürtel diente nach dem Krieg als Flüchtlingslager für jüdische Displaced Persons. Die Rückerstattung erfolgte 1949, ein Wiederaufbau kam aber nicht zustande.
- Heilanstalt für jüdische Kinder (2., Ferdinandstraße 23): eingerichtet 1941 im Verwaltungsgebäude des ehemaligen Leopoldstädter Tempels; 1941 bis 1945 war dies der einzige Ort in Wien, an dem kranke jüdische Kinder gepflegt wurden. Das bombengeschädigte Gebäude wurde 1951 abgerissen.
- Jüdisches Spital (9., Seegasse 9-11): wiedereröffnet am 15. Jänner 1952
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.4.2.3 – Beschlagnahmte oder kriegsbeschädigte Krankenanstalten und Heilstätten
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.4.2 – Krankenhäuser
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.3.3.105 – Kriegsschäden und Wiederaufbau im Kaiser-Franz-Josef-Spital
- Rathauskorrespondenz vom Mai 1946, März 1947, Mai 1947, August 1947, September 1947, Mai 1948, November 1948, Februar 1949, September 1950, Jänner 1952, Juli 1952, Dezember 1952, Mai 1953, August 1953, Oktober 1953, Dezember 1953, Jänner 1954, März 1954