Wiener Trinkbrunnen
Trinkbrunnen sind öffentliche Anlagen zur Entnahme von Trinkwasser. In Wien stehen der Bevölkerung rund 1.300 dieser Brunnen zur Verfügung. (Stand Mai 2023)
Die erste öffentliche Brunnenanlage in Wien wurde im Jahr 1310 erwähnt und befand sich in der Tuchlauben. Diese öffentlichen Brunnen dienten im Spätmittelalter zunächst der Brandbekämpfung und der Wasserversorgung von Märkten. Mehrheitlich wurde die Trinkwasserversorgung durch Hausbrunnen gewährleistet. Ab dem 16. Jahrhundert bestand der Großteil der öffentlichen Brunnenanlagen aus repräsentativen Monumentalbrunnen.
Mit der Inbetriebnahme der Ersten Hochquellenleitung wuchs die Zahl öffentlicher Trinkbrunnen, wodurch die Verbreitung von Krankheiten wie Cholera und Typhus eingedämmt werden konnte. Der Bau von Trinkbrunnen hatte demnach vor allem hygienische Gründe. Im internationalen Vergleich lag Wien damit weit vor anderen europäischen Großstädten dieser Zeit. Um die Jahrhundertwende verfügte Wien bereits über 600 öffentliche Trinkbrunnen, auch Auslaufbrunnen genannt.
Diese Zahl blieb bis zur Initiative des Bildhauers Hans Muhr konstant. Der in Graz geborene Künstler konnte die Stadt Wien (Bürgermeister Helmut Zilk) und eine Reihe von Sponsoren motivieren, seinen Gedanken ab 1990 zu realisieren, die Stadtmöblierung durch die Aufstellung von öffentlichen Trinkbrunnen zu bereichern und zugleich durch diese ein ästhetisches Wassersymbol für das Wiener Hochquellwasser zu setzen. Die Trinkbrunnen sollen den lebenswichtigen Wasserkreislauf der Natur in der Großstadt wieder sichtbar und erlebbar machen. Durch diese Brunnen wird mit Unterstützung der Wiener Wasserwerke Besucher*innen und Bewohner*innen der Stadt Hochquellwasser angeboten. Jeder Trinkbrunnen ist von der Erscheinungsform her gleich, hat aber jeweils eine unikathafte Steinskulptur und auch jeweils eine eigene Steinart: alle Trinkbrunnen zusammen sollen ein nationales und internationales Steinlexikon bilden.
Liste der "Muhr-Brunnen" (Standort, Steinart, Sponsor, Jahr der Aufstellung [chronologisch geordnet])
- 1) 1., Rathauspark (Tuff-Kalkstein aus Griechenland, Wiener Städtische Versicherung, 1990)
- 2) 1., Hoher Markt vor 4 (Marmor Rosa Brasil, Architekt Hannes Lintl, 1990).
- 3) 1., Kärntner Straße bei 34 (Marmor Estremos Portugallo, Casinos Austria, 1991).
- 4) 1., Kärntner Straße bei 20 (Granit Multicolor aus Indien, Wiener Städtische Versicherung, 1991).
- 5) 1., Kärntner Straße bei 2 (Verde Giada aus dem Aostatal, Ankerbrot, 1991).
- 6) 10., Reumannplatz (Marmor Aurora Rosa, Eissalon Tichy, 1991).
- 7) 2., Praterstraße (gegenüber Nestroydenkmal; Marmor Untersberger Rötlich, Wiener Messen AG, 1991).
- 8) 10., Viktor-Adler-Markt (Friesacher Serpentin, Ankerbrot, 1991).
- 9) 22., Donauzentrum / U-Bahn (Aban Travertin, Ekazent, 1991).
- 10) 12., Migazziplatz (Spitzer Marmor, Wiener Städtische Versicherung, 1992).
- 11) 3., AEZ-Hilton- Passage (Kärntner Serpentin, Wiener Städtische Versicherung, 1992).
- 12) 1, Franz-Josefs-Kai vor 21 (Granit Baltic braun, Wiener Städtische Versicherung, 1992).
- 13) 11., Enkplatz (Granit Baltic rot, Wiener Städtische Versicherung, 1992).
- 14) 20., Brigittaplatz (Granit Baltic grün, Wiener Städtische Versicherung, 1992).
- 15 ) 1., Schottenbastei (Labrador dunkel, Imadek, 1992).
- 16) 18., Schopenhauerstraße-Staudgasse (Aban Travertin, Evangelisches Krankenhaus, 1993).
- 17) 7., Mariahilfer Straße 96 (Krastaler Rauchkristall mit Rosenquarz, Kaufhaus C & A, 1994).
- 18) 12., Meidlinger Hauptstraße (Zusammenarbeit Podrecca/Muhr; Marmor Rosa Brasil, Wiener Städtische Versicherung, 1994).
- 19) 15., Schanzstraße (Marmor Untersberger Breccie, Verein Initiative Unternehmer Hütteldorfstraße, 1994).
- 20) 15., Wasserbehälter Schmelz (Azul Macauba aus Mexiko, Wiener Wasserwerke).
- 21) In der Lugner-City (15) steht ein Brunnen zu Ehren von Vizebürgermeister Hans Mayr (1994).
- 22) 5., Mittersteig 24-26 (Park; enthüllt 21. September 1998).
Der zweite Boom von Trinkbrunnen-Neubauten steht in Verbindung mit der Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2008, für die die Wiener Wasserwerke eigens mobile Trinkbrunnen entwickelte. Die drei Meter hohen aus Edelstahl gefertigten Säulen mit jeweils zwei Einbuchtungen für die Entnahme des Wassers können an sämtliche Hydranten der Stadt angeschlossen werden und bieten somit die Möglichkeit Besucher*innen von besonders frequentierten Orten oder Großveranstaltungen mit Trinkwasser zu versorgen. Inzwischen stehen jeden Sommer rund 75 dieser 2020 auf den Namen Brunnhilde getauften Trinkbrunnen im Einsatz.
Von den 1.300 aktuell zur Verfügung stehenden Brunnen besteht der Großteil aus Altstadtbrunnen oder den Industriedesign Trinkhydranten. Die Auswahl wird dem jeweiligen Standort angepasst, um das dort herrschende Stadtbild nicht zu stören.
Literatur
- ZUG – Zentrum für Umweltgeschichte, Universität für Bodenkultur Wien [Hg.]: Wasser Stadt Wien. Eine Umweltgeschichte. Wien: 2019
- Ruth Koblizek, Nicole Süssenbek: Die Trinkwasserversorgung der Stadt Wien von ihren Anfängen bis in die Gegenwart, Dissertation an der Universität Wien 2000.
- Hans Muhr: Szenen aus dem Kunstschaffen mit Wasser- Welle-Stein-Licht
- Wien-Woche 1 (1991), S. 12