Hütteldorfer Brauerei
48° 11' 59.61" N, 16° 15' 24.12" E zur Karte im Wien Kulturgut
Hütteldorfer Brauerei (14, Bergmillergasse 7; Konskriptionsnummer: Hütteldorf 32).
Anfänge als lokales Brauhaus
In Hütteldorf wurde ab 1599 ein "Präuhäusel" betrieben, das in der heutigen Bergmillergasse am Südufer des einstigen Mühlbachs stand (ursprünglich befand sich an dieser Stelle eine Mühle, die mehrmals abgebrannt und wieder aufgebaut wurde). Zunächst ein kleines lokales Brauhaus mit einer relativ großen Mälzerei, das jedoch im 17. Jahrhundert nur eine geringe Menge Bier braute. 1675 wird erwähnt, dass das Verbot, Weizen zur Herstellung von sogenanntem Weißbier zu verbrauchen, übertreten wurde[1].
Die Anlage wurde erst später mehrfach erweitert (1732, 1791, 1835), sodass der Mühlenbetrieb schrittweise im späten 18. Jahrhundert eingestellt wurde und die Hütteldorfer Brauerei von Johann Gabriel Seidl als eines der "ansehnlichsten Brauhäuser" Niederösterreichs bezeichnet wurde, in der Gegend nicht nur für das Bier, sondern auch für den Tanz- und Konzertsaal bekannt. Unter den früheren Besitzern ist Franz Dengler (1788-1845) erwähnenswert, der bis dahin Pächter des Brauhaus in Mannswörth war. Ab 1829 war er der erste Wiener Brauer, der untergäriges Märzenbier erzeugte, dessen Produktion er allerdings nicht ausweitete, wie der Braumeister Johann Evangelist Götz aus Klein-Schwechat berichtete. Sein Neffe Johann Franz heiratete die Tochter des Jedleseer Brauherrn Anton Bosch und bekam das Fünfhauser Brauhaus als Mitgift.
1837/38 wurden in einer Braukampagne 60.000 Eimer Bier gebraut. Der Betrieb rangierte damit damals auf Platz 5 der Wiener Brauhäuser und war der einzige, der in kleinen Mengen untergäriges, sogenanntes "Märzenbier" zum hohen Preis von 44 Kreuzer braute. Alle anderen Brauhäuser haben nur noch obergäriges Bier gebraut. Allerdings sank die Gesamtproduktion kurz darauf rapide ab, und in den 1840er Jahren konnten die Keller nur noch 3600 Eimer Bier lagern, bei einer maximalen jährlichen Produktion von nur 28000 Eimer.
Aufstieg und Umwandlung in eine Aktiengesellschaft
1845-1870 besaß Anton Bergmiller, der auch von 1861 bis 1870 Bürgermeister von Hütteldorf war, das Brauhaus. Er fuhr 1852 den Maschinenbetrieb ein und baute es zum größten Wirtschaftsbetrieb des Ortes und zur viertgrößten Wiener Brauerei aus. Er war von 1849 bis 1852 (als Nachfolger von Adolf Ignaz Mautner) und von 1862 bis 1869 Vorsitzender im Brauherrenverein und damit auch einer der bedeutendsten Brauherren dieser Zeit.
Die Frequenz erhöhte sich, als die Kaiserin-Elisabeth-Bahn mit ihrer Station Hütteldorf eröffnet wurde (1858) und Bahnhof und Brauerei durch eine eigene Straße verbunden wurden. Nun erhielt die Brauerei, in deren Kellern bis zu 80.000 Eimer Bier gelagert waren regen Zulauf. 1862 wurde der Betrieb in eine Aktiengesellschaft (AG) umgewandelt, wobei Bergmiller eine Reihe prominenter Aktionäre, wie Philipp von Gomperz und Alexander Schoeller gewinnen konnte, deren Nachkommen bis zum Ende der Brauerei 1937 den Vorsitz im Verwaltungsrat führten. Als Nachfolger von Bergmiller führten August Wedl, bis dahin Eigentümer der Brauerei Neuling, und Konrad Schneeberger, der später Generaldirektor der Vereinigten Brauereien wurde, das nach wie vor erfolgreiche Brauhaus.
Das Brauhaus war an Sommertagen ein beliebtes Wanderziel der Wiener, wie überhaupt Hütteldorf ein gern besuchter Ausflugsort war. Der schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannte "Concertsaal" des Brauhauses ist mit Auftritten der Musikkapelle Michael Pamer, der dort als Hausdirigent tätig war und von dem auch die Komposition "Selige Erinnerungen an das gute Hütteldorfer Bier" stammt, vor allem jedoch mit den Kapellen von Joseph Lanner und Johann Strauß (Vater) eng verbunden. Die Verbindung zur Stadt stellte ein Gesellschaftswagen her, der vor dem Brauhaus seinen Abfahrtsplatz hatte.
Problematik der Abwasserentsorgung
Die Hütteldorfer Brauerei war direkt am (bzw. später über) dem Mariabrunner Mühlbach gelegen. Sie nutzte ihn energetisch zum Antreiben von Maschinen, aber auch zur Entsorgung ihrer Abwässer. Da die Hütteldorfer Brauerei, was die Produktionsmengen von fast 350 000 Eimer jährlich anbelangt, im 19. Jahrhundert eine der größten in Wien und im Umland war, gelangten auch große Mengen an Abwasser in den Mühlbach. Der "Bericht der vom Gemeinderathe der Stadt Wien berufenen Experten über die Wienfluß-Regulierung im August 1882"[2] beklagte sich über den schlechten hygienischen Zustand des Wienflusses und auch des Mariabrunner Mühlbaches:
„Hauptsächlich sind es die Gärbereien und Färbereien, die chemischen Fabriken und das Hütteldorfer Brauhaus, welche an der Wasserverderbung und der Verschmutzung der Ufer den größten Antheil haben. Das aus dem Hütteldorfer Brauhause abgehende Wasser des Mühlbaches weist geradezu eine ekelerregende Beschaffenheit auf. Die Flußsohle dieses Baches ist bedeckt mit einer hohen Schichte einer schlammigen Masse, aus welcher sich die verschiedenartigen Algen entwickeln, deren fortwährende Zersetzung einen intensiven Fäulnisgeruch verursacht. Dieses Wasser fließt sehr träge, hat eine dunkle schwarze Farbe, und entwickelt zahlreiche übelriechende Gase. In einem solchen Zustande fließt der Mühlbach eine verhältnismäßig lange Strecke, ehe er in den Wienfluss mündet."[3]
Im Zuge der umfassenden Wienflussregulierung wurden die Sammelkanäle beidseitig des Wienflusses bis Hütteldorf erweitert um die Abwässer aufzunehmen. Dennoch expandiert die Brauerei weiter mit einem neuen Sudwerk und anderen Gebäuden und erreicht 1897 mit mehr als einer Viertelmillion Hektoliter Bier einen Höhepunkt in der Produktion. Siehe auch Wasserverschmutzung Wienfluss.
Fusion und Niedergang
Während des Ersten Weltkrieges musste das Restaurant geschlossen werden, weil dort die Assentierungskommission tagte und Militär einquartiert war. Danach konnte die Produktion nur langsam gesteigert werden. 1927 entschloss sich der Verwaltungsrat unter der Führung von Richard Schoeller zu einer Fusion mit der „Vereinigten Brauereien AG St. Marx-Simmering-Schwechat“ und „Hütteldorf“ wurde zusätzlich in den langen Brauereinamen aufgenommen. Durch diese Fusion und die Wirtschaftskrise sank die Produktion stetig, bis die für die damalige Zeit noch recht moderne Brauerei in Hütteldorf 1932 ganz geschlossen wurde. Die gesamte Bierproduktion des Unternehmens wurde durch das groß ausgebaute Brauhaus Schwechat vollständig übernommen.
Im Jahr 1937 wurde der Großteil der Produktionsanlagen abgerissen. Die Brauereieinrichtung wurde nach Äthiopien, verschifft, wo die Familie Mautner Markhof nach dem Einmarsch der Italiener in Äthiopien ein Brauhaus gegründet hatte. Dieses wurde aber nach dem Einmarsch der Engländer 1941 vom äthiopischen Kaiser Haile Selassie enteignet und die Familie Mautner Markhof konnte nach 1945 nur mit viel Mühe eine Abfindung erhalten.[4] 1938 verkaufte sie die Liegenschaft. Einige Teile des ehemaligen Brauhauses wurden in den 1950er-Jahren abgebrochen, nachdem dort nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein Auffanglager für die Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft eingerichtet worden war. Andere Gebäude wurden damals von der Margarinefabrik "Ebhart und Herout" (Senna und Milla) erworben. Sie stehen teilweise heute noch, wie zum Beispiel das Einfahrtstor, wurden aber umgebaut. Die ausgedehnten Bierkeller erstreckten sich entlang der Linzer Straße. Dort befand sich auch der Einfahrtsstollen mit dem "Bierhäusl", auf das die Namensgebung des Berges zurückzuführen ist.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B77.20.88 - Hütteldorfer Bierbrauerei Aktien-Gesellschaft
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75.3.208 - Hütteldorfer Bierbrauerei Actiengesellschaft
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75.32.122 - Hütteldorfer Bierbrauerei Actien Gesellschaft
Literatur
- Bericht der vom Gemeinderathe der Stadt Wien berufenen Experten über die Wienfluß-Regulirung im August 1882. Wien: Verlag des Gemeinderaths-Präsidiums, 1882
- Felix Czeike: XIV. Penzing. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 14), S. 8-9
- Christine Klusacek, Kurt Stimmer: Penzing – Vom Wienfluß zum Wienerwald. Mohl Verlag: Wien 1993, S.27-28
- Gudrun Pollack: Verschmutzt - Verbaut - Vergessen. Eine Umweltgeschichte des Wienflusses von 1780 bis 1910. Wien: 2013 (Social Ecology Working Paper 138)
- Josef Promintzer: Dreihundert Jahre Brauhaus Schwechat. Vergangenheit und Gegenwart der größten Brauerei Österreichs. Eigenverlag der Vereinigten Brauereien: Wien 1932, S. 75-80
- Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Böhlau Verlag: Wien-Köln-Weimar 2017, 100-109
- Christian Springer: Historische Brauerei-Topographie Wien. Die Brauereien auf dem Gebiet des heutigen Stadtgebietes. Wien 2023, 67-75
- Wilhelm Twerdy: Beiträge zur Geschichte des Wienerwaldes. 2 Bände ohne Ortsangabe, 1998
- Hertha Wohlrab: Wien in alten Ansichtskarten 14/15, S. 38 f.
Referenzen
- ↑ Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Böhlau Verlag: Wien-Köln-Weimar 2017, S. 101
- ↑ Bericht der vom Gemeinderathe der Stadt Wien berufenen Experten über die Wienfluß-Regulierung im August 1882"
- ↑ Bericht der vom Gemeinderathe der Stadt Wien berufenen Experten über die Wienfluß-Regulierung im August 1882.
- ↑ Alfred Paleczny / Christian M. Springer / Andreas Urban: Die Geschichte der Brauerei Schwechat. Von den Bierbaronen Dreher und Mautner Markhof in die Gegenwart. Wien: Böhlau Verlag 2021, S. 194.