Schwenders Vergnügungsetablissement

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Schwenders Kolosseum, um 1880
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Theater
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1867
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1897
Benannt nach Carl Schwender der Ältere
Prominente Personen
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  15166
GNDGemeindsame Normdatei
WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Theater, Langes 19. Jahrhundert
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 29.05.2024 durch WIEN1.lanm08uns
BildnameName des Bildes HMW 032606.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Schwenders Kolosseum, um 1880
  • 15., Mariahilfer Straße 189-191
  • Schwenders Casino
  • Schwenders Kolosseum
  • Schwenders Colosseum
  • Volkstheater in Rudolfsheim
  • Colosseumtheater

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48° 11' 29.15" N, 16° 19' 50.95" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Schwenders Vergnügungsetablissement am Braunhirschengrund wurde auch "Schwenders Casino" beziehungsweise "Schwenders Colosseum" und ab 1870 "Volkstheater in Rudolfsheim" genannt und befand sich von 1867 bis 1897 an der Adresse 15., Fünfhauser Hauptstraße (später: Mariahilfer Straße), Ecke Kirchengasse (später: Reindorfgasse).

Hier lag seinerzeit der Besitz und Park (Arnsteinpalais (15)) des Ehepaars Heinrich Pereira-Arnstein († 1835) und Henriette Arnstein († 1859; Tochter des Nathan Adam Arnsteiner und dessen Gattin Franziska ["Fanny"] Arnstein, beide † 1838), die ihren Salon zu einem Treffpunkt des geistigen Wien gemacht hatten. Zwischen 1849 und 1862 stand im Garten der Baronin Arnstein das Sommertheater von Alois Pokorny, das sogenannte (Braunhirschentheater), bis Pokorny im Jahr 1862 damit in Konkurs ging.

Pereira-Arnsteins Sohn Ludwig war an seinem Erbe nicht interessiert, da ihn die in der Umgebung entstandenen Arbeiterviertel störten, und zog nach Hietzing. So ging Henriette Arnstein daran, den Besitz zu veräußern, und ließ die Arena demolieren. Da der Grund jedoch als Ganzes unverkäuflich war, ließ sie ihn parzellieren. Einen Teil davon kaufte bald darauf Carl Schwender senior.

Carl Schwender, der in Neunkirchen in Württemberg geboren wurde, das Bäckerhandwerk erlernt hatte und nach Wien gezogen war, lebte seit 1835 in Braunhirschen bei Wien und errichtete gleich neben dem großen Park der Arnsteins eine gut gehende Kaffeehalle, einen Tanzsalon und schließlich ein Hotel in der Kirchengasse (später: Reindorfgasse) 3. Im Zuge der Auflösung der Pokorny'schen Arena und der Parzellierung der Anlage kaufte Schwender, der daneben auch die "Neue Welt" in Hietzing führte, weiteren Grund und ließ an der Kirchengasse (später: Reindorfgasse) 1 sein "Schwender Casino" errichten. Die Besucherinnen und Besucher des neuen Wiener Unterhaltungsetablissements brachte er mithilfe eines eigenen Fuhrunternehmens, das aus Landkutschen, Stellfuhren und später Omnibussen bestand, in die Vorstadt. Die Ställe für seinen Fuhrbetrieb hatte er in der Rustendorfer Neuen Gasse, wo auf drei Parzellen (3, 6 und 7) über 100 Pferde standen.

Bauliche Situation

Der steile Rain, an dem das Bauwerk lag, ermöglichte es, das Souterrain talseitig als Vestibül sowie für Restaurationsräume, Küchen, Schenken und so weiter zu verwenden. Der Haupteingang zum Saal befand sich am Beginn der heutigen Schwendergasse, von wo man über eine imposante Haupttreppe in den Ballsaal gelangte, der etwa auf gleicher Höhe mit der an ihm vorbeiführenden Schönbrunner Straße (heute: Mariahilfer Straße) lag. An der Stirnseite, mit dem Saal verbunden, befand sich das Café. Oberhalb der Prachtstiege und des Kaffeehauses war die Galerie des Saals, auf der man ebenfalls speisen konnte und in deren Hintergrund sich ein größerer, abgetrennter Theaterraum befand. Dort führte einige Zeit lang Prof. Schütze auf einer Drehbühne eine "Tableaux vivants" vor.

Rasch war "der Schwender" das beliebteste Balllokal der Wiener Vororte und so gut besucht, dass Schwender sein Etablissement erweitern musste und den ehemaligen Kuhstall umbaute sowie Teile des ehemaligen Gartens. Auch dieser Teil enthielt im Erdgeschoß Räumlichkeiten zu verschiedensten Zwecken und darüber (parallel zum anderen Saal) noch einen riesigen Tanzsaal. Beide Säle waren durch breite, die heutigen Schwendergasse überspannende Korridorbrücken verbunden. An der stadtseitigen Stirnfront setzte sich das Kaffeehaus fort (es lag hier, den Niveauverhältnissen entsprechend, im ersten Stock), die gegenüberliegende Schmalseite gab Raum für eine Terrasse mit Wintergarten und Konditorei. Der Raum für das Orchester lag ebenfalls im ersten Stock über dem Saalparkett und hatte die Gestalt einer riesigen Muschel. Gleichlaufend mit dem Tanzparkett und darüber zu beiden Seiten des Orchesters zogen sich die Räume des Restaurants hin. Treppen an den beiden Enden des Saals führten ins Parterre. Dieser "Bierhalle" genannte Raum besaß sein eigenes Orchester, wo auch die Deutschmeister spielten. Die beiden Säle wurden nun "Amorsaal" (der älteste Teil des Etablissements) und "Florasaal" (der neuere) genannt.

Bald erwiesen sich auch diese, nunmehr "Kolosseum" genannten Riesenräume als zu eng, und Schwender baute, einen Teil des talwärts gelegenen Gartens opfernd, noch einen Saal dazu, den er "Harmoniesaal" nannte. Mit seinem an der Arnsteingasse gelegenen Vestibül war ein gleichzeitig geschaffenes Theater mit einem Fassungsraum von rund 500 Personen verbunden, das 1849 bis 1861 in Betrieb war. Die Bühne lag an den Hinterfronten der Häuser der Reindorfgasse, die Garderoben und Kanzleilokalitäten befanden sich unterhalb des Florasaals (mit Zugang von der Schwendergasse). Schwender, der schon früher in der Bierhalle ein Varieté eingerichtet hatte, übertrug dieses nun in sein Theater. Die Darbietungen begannen erst nach Schluss der anderen Theater. Harmoniesaal und Annexe wurden nach 22 Uhr mit dem gesamten anderen Etablissement verbunden. Der große Saal war in Blau und Silber gehalten und zeigte an den Seitenwänden vier prächtige Bilder: Therese Krones als Jugend, Ferdinand Raimund als Aschenmann, Johann Nestroy als Sansquartier und Wenzel Scholz als Eulenspiegel. Er hatte eine Galerie und vier Logen.

Doch das Vordringen der Demimonde, die Konkurrenz der Blumensäle, des Musikvereinssaals und anderer Lokalitäten beeinträchtigte das Unternehmen, das nach vier gut gehenden Jahren in eine erste Krise geriet. Carl Schwender starb kurz vor einem Konkurs am 2. Dezember 1866, sodass sein Sohn, Carl Schwender der Jüngere, beide Unternehmen übernahm, sich selbst aber vorerst vor allem in Hietzing einbrachte. Von 1867 an pachtete daher der Theateragent C. A. Sachse das "Schwender Colosseum" in Rudolfsheim, doch schon im folgenden Jahr bat Schwender jun. darum, ihm die Konzession persönlich zu übertragen. Sachse blieb jedoch weiterhin hier tätig und vorerst als Pächter auch künstlerischer Leiter, 1869 folgte ihm der Regisseur Eduard Hörnstein als artistischer Leiter.

1870 bat Schwender darum, sein Unternehmen in "Volkstheater in Rudolfsheim" umzubenennen, und setzte Heinrich Diegelmann als neuen künstlerischen Leiter ein; 1872/1873 folgte ihm Harry Hügel, 1873/1874 Joachim Friedrich Albert Bencke. 1874 folgt ihm der Leiter des Josefstädter Theaters und spätere künstlerische Leiter des Deutschen Volkstheaters in Wien, Karl von Bukovics. Und schon im Herbst und Winter folgte ihm erneut Diegelmann als Pächter des Unternehmens.

In den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts erlebte das Etablissement erneut eine Blütezeit. Berühmt und von der Bürgerschaft gerne besucht waren Schwenders "Hausbälle" im Amorsaal, ebenso stark frequentiert waren die von ihm erfundenen " Lumpenbälle" und außerordentlich populär auch die Heringsschmäuse am Aschermittwoch: Auf langen Tafeln standen Tausende von Tellern mit garnierten Heringen, überragt von Schaugerichten und kulinarischen Prachtstücken (beispielsweise "Hummerduell", "Forellenmenuett", "Orpheus auf dem Delphin" [einem Riesenlachs] und so weiter).

1875 folgte der bekannte Schauspieler Adolf Rott als künstlerischer Leiter, der damals beide Unternehmen Schwenders - in Rudolfsheim und Hietzing − führte. Ihm folgte der Schauspieler und Regisseur Gustav Neuber, doch da dieser seine Pacht nicht zahlte, musste die nunmehrige Eigentümerin − die Witwe Carl Schwenders des Jüngeren, Anna Schwender - Neuber per gerichtlichem Bescheid aus dem Unternehmen werfen. Es folgten Julius Findeisen, Stanislaus Wolf, Matthias Bernhard Lautzky, Antonie Donato und Marie Stampfer, die am 2. April 1884 die Spielbewilligung erhielt.

Stampfer ließ das Theater erneut renovieren und engagierte bekannte Künstlerinnen und Künstler, artistischer Leiter wurde Friedrich Stampfer − doch die zu hohen Eintrittskosten hielten das Publikum ab und der Versuch, hier ein gediegenes Vorstadttheater zu führen, scheiterte. "Das Volkstheater in Rudolfsheim war zu klein, um aufwendige Vorstellungen zu ermöglichen", schreibt Franz Hadamowsky in seiner Theatergeschichte Wiens (S. 675). Doch: "Nach dem Versagen der Eheleute Stampfer schien aber für die Vorortebühne doch eine bessere Zeit anzubrechen; der in Hietzing geborene Schauspieler und Regisseur Franz Frank [...] erhielt zunächst die Konzession bis 30. April 1884; sie wurde ihm, zuletzt im Jahr 1887, jeder Jahr erneuert."

1887 ließ Anna Schwender-Silberbauer im Garten ihre Etablissements eine "Sommer-Arena" errichten, die Franz Frank in den Monaten Juni bis August bespielen konnte und dafür auch die Spielbewilligung erhielt. Noch im Herbst desselben Jahres starb Frank, seine Frau Johanna sicherte sich die Spielbewilligung und holte sich Adolf Rößler als Partner in das Unternehmen, der ab 1888 das Volkstheater und die Sommerarena weiterführte, wobei die Behörden beide Betriebe getrennt verwalteten.

1891 folgten Alfred Cavallar und Josef Pruggmayer, nach nur wenigen Monaten Pauline Löwe, die auf der Kärntner Straße 38 im 1. Bezirk eine Schauspielschule führte und das Volkstheater Rudolfsheim (zuletzt hatte dies Findeisen in den Jahren 1877/1878 getan) erneut als Übungsbühne für ihre Schülerinnen und Schüler nutzte - ihr später berühmtester Schüler war Max Goldmann, später Max Reinhardt, der hier binnen weniger Monate in 28 Stücken auftrat.

1893 versuchte Pauline Czerniawski-Löwe hier nach Berliner Muster, eine "Freie Bühne" zu etablieren, doch der Versuch scheiterte, das Theater blieb Übungsbühne bis zuletzt. Die letzte Konzessionsverlängerung findet sich von 1. September 1896 bis 31. August 1897, doch bereits am 26. April 1897 schloss das Theater seine Pforten für immer. Die letzte Vorstellung war Ludwig Anzengrubers "Der Pfarrer von Kirchfeld". Knapp ein Jahr später wurde am 1. April 1898 der gesamte Gebäudekomplex demoliert. An seiner Stelle wurden der "Schwenderhof (15., Mariahilfer Straße 189−191) und weitere Miethäuser errichtet.

Schauspielerinnen und Schauspieler

Im Wien Geschichte Wiki gibt es 2 Einträge von Personen, die im Schwenders Vergnügungsetablissement engagiert waren.

BildName des BildesNameBerufBerufGeburtsdatumDatum der GeburtSterbedatumSterbedatum
Josef JosephiSchauspieler
Sänger
15 Juli 18528 Januar 1920
Hansiniese.jpgHansi NieseSchauspielerin
Sängerin
10 November 18754 April 1934

Literatur

  • Felix Czeike: XV. Rudolfsheim-Fünfhaus. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 15), S. 33 f.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2. - 21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 376
  • Franz Hadamowsky: Wien. Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien: Jugend und Volk 1988, S. 669−675
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Rudolfsheim-Fünfhaus. Zwischen Wienfluß und Schmelz. Wien: Mohl 1978, S. 116 ff., 129 f.
  • Friedrich Reischl: Wien zur Biedermeierzeit. Volksleben in Wiens Vorstädten nach zeitgenössischen Schilderungen. Wien: Gerlach 1921, S. 48 ff.
  • Max Singer / Philipp Fahrbach: Alt-Wiener Erinnerungen. 1933, S. 156 f.
  • Edgar Weyrich: Rudolfsheim und Fünfhaus. Ein Heimatbuch. Wien: Selbstverlag 1922, S. 11 ff., S. 41
  • Sigmund Wilheim: Wiener Wandelbilder. Wien [u.a.]: Rosenbaum 1912, S. 151 ff., 217 ff.