Theater im Konzerthauskeller
48° 12' 2.77" N, 16° 22' 37.92" E zur Karte im Wien Kulturgut
Das Theater im Konzerthauskeller bestand (unter wechselnden Namen) von 1949 bis 2015 an der Adresse 3., Lothringerstraße 20.
Geschichte
Während im selben Jahr das Studio in der Kolingasse beziehungsweise Studio der Hochschulen mit der Gruppe Theater der 49 rund um Walter Davy, Erich Neuberg und Helmut H. Schwarz zum "Theater in der Kolingasse" fusionierte, zogen andere ehemalige Mitglieder des Studios der Hochschulen aus den Räumen aus, um, erzählte die Gründerin von "Das Experiment. Theater der 49 im Konzerthaus", Trude Pöschl später, "Neues auf die Beine [zu] bringen, ohne sofort nach Verdienst zu schielen". Pöschl und ihre Wegbegleiter, darunter Kurt Julius Schwarz als Dramaturg und Frank Zeska als Theatersekretär, fanden im Keller des Wiener Konzerthauses eine "Rumpelkammer", die sie adaptierten und zu einem kleinen Theater umbauten, das am 24. Oktober 1949 mit Die Liebe und der Tod von Wolfgang M. Scheder eröffnete.
Der Zuschauerraum war dunkelgrün, der Bühnenvorhang grau, die Beleuchtung war ungenügend, und der Boden musste täglich vom kleinen Ensemble selbst geschrubbt werden. Es folgten Stücke von Horváth, Kühnelt, Obey, Strindberg, Achard, Sartre und Sternheim und anderen, und ab 1950 - damals kam Michael Kehlmann, ebenfalls vom Studio der Hochschulen, an die Bühne, die er von nun an auch, weiterhin in der Direktion Pöschl, künstlerisch verantwortete - auch erfolgreiche eigene Revuen wie "Blitzlichter" von Kehlmann, Carl Merz und Helmut Qualtinger, "Reigen 51" und "Brettl vor dem Kopf 1952" und von denselben drei Autoren und mit der Musik von Gerhard Bronner. Kehlmann war es auch, der mit seinem Eintritt das Theater in "Theater im Konzerthauskeller" umbenannte.
Nachdem bereits "Reigen 51" aufgrund der Publikumsnachfrage mehrere Wochen lang in der "Revuebühne Casanova" gastierte und "Brettl vor dem Kopf 1952" ein noch größerer Erfolg wurde, zog das Ensemble rund um Pöschl in das leer gewordene Lokal in der Liliengasse ein, in dem zuvor das Wiener Werkel seine künstlerische Heimat gefunden hatte. Doch das Flair der frühen Jahre war durch den Umzug verloren, und das Ensemble löste sich rasch auf.
Nachdem die Räume im Konzerthauskeller einige Monate leer standen, zog hier 1953 Friedrich Kallina ein, nannte das Theater neuerlich, nun in "Kleines Theater", um, baute ein Abonnement auf und zeigte von nun an vor allem Komödien, unter anderen von Johann Nestroy, Georg Fraser, Hermann Ungar, Georg Kaiser, Robert Nath, Regie führte meist Kallina selbst, daneben Gandolf Buschbeck, Harry Fuss, Otto Ambros und Otto A. Eder. Kallina konnte sich bis 1957 halten und übergab das Theater schließlich an das Theater in der Josefstadt, das es wiederum in "Kleines Theater der Josefstadt im Konzerthaus" nannte, während Kallina seinerseits als Dramaturg an "die Josefstadt" ging.
"Die Josefstadt ließ ihre Studiobühne von Professor Niedermose neu gestalten, vornehm und gediegen. Hundert Personen fanden jetzt in den geschmackvollen Zuschauerraum Platz. Hinfort sprachen alle nur noch vom 'Nobelkeller'. Direktor Stoß bot auf dieser zweiten Ablegerbühne nach den Kammerspielen seine erste Schauspielgarnitur auf. Helene Thimig und Günther Haenel spielten zur Eröffnung faszinierend Ionescos Stühle, Ursula Schult, Maria Emo, Hans Holt, Walther Reyer, Leopold Rudolf, Ernst Waldbrunn traten in Hauptrollen auf." (Herbert Lederer)
1977 gab der nunmehrige Direktor des Theaters in der Josefstadt, Ernst Haeusserman, das Theater auf und stellte es Dieter Haspel und seinem (aus dem Cafétheater entstandenen) Ensemble Theater (auch: Ensembletheater) bis 1981 zur Verfügung gestellt. 1982 eröffnete Haspel in den Räumen von Fatty's Saloon das "Ensemble Theater am Petersplatz". Das Theater im Konzerthauskeller wurde von nun an als Nebenbühne des Volkstheaters (Direktion Paul Blaha) unter dem Titel "VT-Studio" genutzt. 1987 musste auch dieser Spielbetrieb aufgrund von Subventionskürzungen des Volkstheaters durch den Bund beendet werden. Der Mietvertrag mit dem Volkstheater blieb jedoch bestehen, "freie Gruppen" konnten sich mit einer Tagesmiete von 20.000 Schilling tageweise einmieten.
1989 übernahm der Theaterverein Wien (Träger: Stadt Wien) das Theater und verwaltete es von nun an im Verbund mit dem Künstlerhaustheater als "dietheater"-Komplex. Die Räume wurden von nun an für temporäre Nutzungen durch freie Gruppen vergeben und von Christian Pronay, einem Mitarbeiter der Stadt Wien beziehungsweise Geschäftsführer des Theatervereins organisatorisch verwaltet. 2007 kehrt Pronay als Mitarbeiter der Magistratsabteilung 7 - Kultur in die Kulturabteilung der Stadt Wien zurück.
Das nunmehr Stadt-Wien-eigene Theater wurde ab diesem Jahr unter die künstlerische Leitung der beiden deutschen Dramaturgen Haiko Pfost und Thomas Frank gestellt, die das "dietheater" und dessen beiden Spielstätten - Künstlerhaus und Konzerthaus - von nun an als "brut" bespielten. 2015 übernahm die deutsche Dramaturgin Kira Kirsch die künstlerische Leitung des "brut", gab das Theater im Konzerthaus jedoch im Zuge ihrer Bestellung auf.
Seither steht das vor rund 70 Jahre bestehende einst prominente Wiener "Kellertheater" wieder leer.
Schauspielerinnen und Schauspieler
Im Wien Geschichte Wiki gibt es 12 Einträge von Personen, die im Theater im Konzerthauskeller engagiert waren.
BildName des Bildes | Name | BerufBeruf | GeburtsdatumDatum der Geburt | SterbedatumSterbedatum |
---|---|---|---|---|
Beatrice Ferolli | Schauspielerin Schriftstellerin | 18 September 1937 | ||
Harry Glöckner | Schauspieler Regisseur Heimatforscher Autor | 31 März 1922 | 15 März 1999 | |
Günther Haenel | Schauspieler Theaterdirektor | 1 Mai 1898 | 5 März 1996 | |
Hans Holt | Schauspieler Regisseur Theaterautor Filmschauspieler | 22 November 1909 | 3 August 2001 | |
Michael Kehlmann | Regisseur Schriftsteller Schauspieler | 21 September 1927 | 30 November 2005 | |
Louise Martini | Schauspielerin Kabarettistin | 10 November 1931 | 17 Januar 2013 | |
Ernst Meister | Schauspieler | 23 Februar 1926 | 27 September 1986 | |
Lukas Resetarits | Kabarettist Schauspieler | 14 Oktober 1947 | ||
Walther Reyer | Schauspieler | 4 September 1922 | 5 September 1999 | |
Leopold Rudolf | Schauspieler | 3 Mai 1911 | 4 Juni 1978 | |
Helene Thimig | Schauspielerin Regisseurin | 5 Juni 1889 | 7 November 1974 | |
Ernst Waldbrunn | Schauspieler Komiker Kabarettist Schriftsteller | 14 August 1907 | 22 Dezember 1977 |
Literatur
Herbert Lederer: Bevor alles verweht ... Wiener Kellertheater 1945 bis 1960. Wien: ÖBV 1986, S. 86-98