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Das Renaissancetheater besteht seit 1912 an der Adresse 7., Neubaugasse 36.
Wiener Freie Bühne & Wiener Volksbühne
1906 konstituierte sich der Verein "Wiener Freie Bühne", der sich die Vermittlung von Theaterkultur für ärmere Volksschichten zur Aufgabe stellte. Da das für Aufführungen ursprünglich vorgesehene Schauspielhaus (8., Stadttheater) noch nicht vollendet war, wählte der Verein das Haus 7., Neubaugasse 36, mit seinem neu errichteten Theatersaal, wo am 12. Dezember 1912 mit Nestroys "Kampl" die erste Vorstellung des Vereins stattfand. Das Theater erhielt den Namen "Volksbühne". Die "Singspielhallen-Konzession" für die Volksbühne wurde dabei von der "Wiener Schauspielhausgesellschaft m.b.H." getragen.
Ab Februar 1915 wurde das Theater einige Zeit "infolge des Krieges" geschlossen, im August wiedereröffnet. Der nunmehrige Direktion Arthur Rundt eröffnete mit Katte von Hermann Burte; als Eigentümer des Hauses wurde zu diesem Zeitpunkt "P. Wittgenstein" genannt.
Volksbühne: Direktion Arthur Rundt
1918 erhielt der "Volksbühnenverein", der ab Juli 1917 in der Nussdorfer Straße 4 gespielt hatte (Wiener Colosseum) die Bewilligung per "Übertragung", wieder in der Neubaugasse 36 aufzutreten. Als Leiter wurde "auch fernerhin Dr. Art[h]ur Rundt" genannt, als "dessen Stellvertreter der Schauspieler Hans Ziegler", der bereits während der Monate in der Nussdorfer Straße als Co-Direktor auf den Programm genannt worden war.
Mit Erlass der Niederösterreichischen Landesregierung erhielt der Volksbühnenverein zu Handen Felix Krones 1919 die Singspielhallenkonzession bis Ende Juni 1920 erteilt; der Schauspieler Felix Krones wurde zeitgleich "zum der Behörde gegenüber verantwortlichen Leiter des Unternehmens bestellt", sein Kollege Hans Ziegler zu dessen Stellvertreter.
Renaissance-Bühne: Direktion Harry Walden
Per Erlass von 4. November 1919 erhielt die "Renaissancebühne Ges.m.b.H." die Singspielhallenkonzession bis Juni 1922 erteilt. Neuer Direktor war ab diesem Zeitpunkt Harry Walden, der das Theater als "Renaissance-Bühne“ führte. Wie aus einem Schreiben Waldens vom 2. Dezember 1919 an den Wiener Magistrat hervorgeht, wurde das Theater zu diesem Zeitpunkt mit einem Fassungsraum von "472 Sitzen im Parterre und 24 Sitzen in 6 Logen sowie mit 168 Sitzen im Balkon und 24 Sitzen in sechs Logen, zusammen mit 688 Sitzen festgesetzt".
Am 4. Juni 1921 beging Walden, der sich zu diesem Zeitpunkt in Berlin aufhielt, Selbstmord. Fünf Tage darauf bat der "Deutschösterreichische Bühnenverein" den Wiener Magistrat "mit Rücksicht auf das Hinscheiden des Konzessionärs in der Renaissancebühne, der Herrn Harry Walden, […] einen neuen Konzessionär zu bestellen“ und im Zuge dessen auf keinen Fall auf die Meinung "der organisierten Schauspielerschaft" zu verzichten.
Renaissance-Bühne: Intendanz Eugen Robert
Bald darauf stand mit Eugen Robert der neue Konzessionär fest, der den Betrieb weiterhin als Renaissance-Bühne führte. 1922 bat Robert um Verlängerung seiner Konzession um weitere vier Jahre, bewilligt wurden schließlich zwei weitere Jahre bis Ende Juni 1924. Wie aus einem Schreiben des Hotel Bristol hervorgeht, wohnte Robert, der auch in Berlin tätig war, ab 28. September 1923 mit kurzen Unterbrechungen dauerhaft in diesem Hotel, wenn er in Wien war.
Nur wenige Monate später war Robert nicht mehr in Wien, sondern leitetet die Berliner "Robert-Bühnen", zu denen das Berliner Theater Die Tribüne, das Theater am Kurfürstendamm sowie das Schlossparktheater (Großes und Kleines Haus) zählten. Für seine Wiener Bühnen – die Renaissance-Bühne und die Neue Wiener Bühne – bestellte Robert Siegfried Geyer als seinen neuen künstlerischen Leiter, der den Betrieb noch für einige Monate führte.
Zu einem veritablen Theaterskandal kam es 1924, nachdem die Konzession des nicht mehr in Wien tätigen Robert nicht mehr verlängert werden sollte. Robert war zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr in Wien tätig, hatte hier jedoch zwei bestehende Konzession, wobei er die Renaissance-Bühne an Ernst Österreicher verpachtete, der das Theater vor allem für Gastspiele nutzte: So gastierte hier etwa im Sommer 1924 der Moskauer Studentenchor.
In einer Sachverhaltsdarstellung von 3. Juni 1924 wurde daher darauf hingewiesen, dass "Dr. Eugen Robert, verantwortlicher Leiter der Singspielhalle Renaissancebühne […] mit Ende Juni" um Verlängerung seiner "ablaufenden Personalkonzession angesucht" habe, die Singspielhalle jedoch seit 1. April 1924 bereits an Österreich verpachte, ja "seit zwei Monaten überhaupt nicht in Wien anwesend" sei, sondern sich in Berlin aufhalte. "Bekanntlich ist Dr. Robert auch noch Konzessionsinhaber der Neuen Wiener Bühne, hat also 2 Konzessionen inne, die er persönlich nicht ausübt." Der Deutsch-österreichische Bühnenverein ersuchte daher, sich gegen eine Erneuerung der Konzession auszusprechen; auch die Polizeidirektion Wien bat dringend darum, "dass Kautelen gegen die Möglichkeit einer derartigen Verpachtung, wie sie jetzt tatsächlich besteht, geschaffen werden"; schließlich bestätigte auch Ernst Österreicher, dass er den Betrieb zwar kurzfristig führe, aber "an der Weiterführung des Unternehmens in keiner Weise mehr interessiert ist, da er in den ablaufenden Monaten reichlich draufgezahlt habe".
Nachdem Österreicher wohl auch auf das Moskauer Gastspiel verzichten wollte, kam zwar das Angebot einer "Notkonzession" an den Konzertdirektor Deory Deutsch zu diesem Zeitpunkt gerade recht, doch lehnte man auch dieses Ansuchen, ebenso wie jenes von Robert, ab, da der eine nicht in Wien mehr tätig war und der andere "finanziell nicht gut fundiert ist".
In seinem nun folgenden Rekurs wehrte sich Robert massiv gegen diesen behördlichen Schritt, während er selbst einen veritablen Theaterskandal hervorrief, indem er alle seine Angestellten kündigte.
Im September 1924 reichte Friedrich Weiss (Fehér) um die Konzession ein, die Erteilung der Konzession erging am 24. September 1924, wobei Weiss diese bis zum 31. August 1925 erhielt – Dr. Eugen Robert, der zu diesem Zeitpunkt in Wien von seinem Anwalt Dr. Valentin Rosenfeld vertreten wurde, scheint jedoch weiterhin "Eigentümer", also Pächter des Theaters gewesen sein, da das Konzessionsschreiben an ihn gerichtet war. Schließlich scheint es jedoch zu einer Übergabe sowohl der Pacht als auch der Konzession gekommen zu sein, nachdem Weiss/Fehér zudem zur weiteren Absicherung der Gagen eine Kaution hinterlegte. Im September 1924 zog Robert schließlich seinen Rekurs zurück und wurde Weiss/Fehér offizieller Leiter der Bühne.
Doch schon im Jänner 1925 wurde in den Zeitung von der Direktionskrise geschrieben, die schließlich zum Zusammenbruch des Theaters führte, wie aus einem Bericht der Polizeidirektion Wien von 24. Jänner 1925 hervorgeht. Im Februar 1925 wurde ein "provisorischer Notbetrieb" errichtet, nachdem Weiss/Fehér den Betrieb existenziell nicht erhalten konnte. Gegen Weiss/Fehér wurde im Herbst eine Strafanzeige verhängt, die jedoch im Dezember 1925 wieder zurückgezogen wurde.
Renaissancebühne: Direktion Josef Jarno
Im April 1925 legte Josef Jarno sein Konzessionsansuchen zur Führung der Renaissancebühne vor. In einem Sachverhalt des Wiener Magistrats wurde darauf hingewiesen, dass ein so ausgewiesener Fachmann wie Jarno zur Führung des Theaters empfohlen werde, da sich dieses in "tristen Verhältnissen" befände. Dabei wurde ebenfalls erläutert, dass auch Jarno im Falle einer Übernahme, ähnlich wie Robert zuvor, zwei Konzessionen in Wien parallel hätte – doch in diesem Falle könnte angesichts der Situation "von diesem Grundsatze wohl abgegangen werden" und eine zweite Konzession ausgestellt werden.
Am 1. September 1925 eröffnete die Renaissance-Bühne die neue Spielzeit in der Direktion Josef Jarno, neuer Stellvertreter wurde Jarnos Sohn, [[Josef Jarno (1899-1964) | Hans Josef Jarno (jun.)]].
Ab 1927 führte Jarno, der das Lustspieltheater im Prater in diesem Jahr aufgab, in Wien nur noch die Renaissance-Bühne.
1930 schlitterte auch Jarno mit seinem letzten Wiener Theaterunternehmen in eine finanzielle Krise, die zu einem Exekutionsverfahren führte, dass sich bis in das Jahr 1931 zog. Klagende Parteien waren die Gastwirtin Johanna Willheim, die Arztgattin Grete Proper, der Musiker Franz Willheim – schließlich wurde genehmigt, auch das Theater zu pfänden, um Jarnos Schulden tilgen zu können. Im April bat Jarno um Aufschub einer Reihe von vorgeschriebener sicherheitspolizeilicher Maßnahmen, da die Direktion des Hauses "auf keinen Fall in der Lage ist, auch nur die kleinste Investition vorzunehmen". Im Mai 1931 wurde bekannt, dass Jarno plante, wie zuvor sein Pratertheater auch die Renaissance-Bühne in eine Kino umwandeln zu lassen. Das Theater blieb in den folgenden Jahren längere Zeit unbespielt.
1935 stand das Haus in Besitz der "Tectum A.G.", die sich um die Bedingungen erkundigt, um das Theater wiederzueröffnen. 1936 interessierte sich Arthur Hellmer für das Theater, entschied sich jedoch schließlich für das wesentlich größere Theater an der Wien.
1937 legte Josef Santner, Konzessionär der "Kammerspiele des Theaters in der Josefstadt" ein Schreiben vor, nachdem sich eine ihm "nahestehende Finanzgruppe" für die Übernahme und Wiedereröffnung des Theaters interessiere, eine diesbezügliche Begehung folgte im April, doch scheint es zu keinen weiteren Schritten gekommen zu sein.
Im September 1938 legte Ladislaus Weresch ein Konzessionsansuchen vor, aus dessen Begutachtung hervorgeht, dass das Theater zu diesem Zeitpunkt jahrelang nicht mehr genutzt worden war.
Am 16. September 1939 legte Guido Pichler ein Schreiben beim Besonderen Stadtamt vor, aus dem hervorgeht, dass er bereits die Konzession der Reichstheaterkammer zugesagt hätte, als neuen Geschäftsführer nannte Schurli den Leiter des Hochstädt Kinos, Hans Braun. Eine Woche später erhielt Pichler eine Reihe von Aufträgen vor der Neueröffnung des Betriebes, die wohl dazu führten, dass es erneut zu keiner Wiederaufnahme kam.
Wenige Monate später legte Arpad Bubik sein Konzessionsansuchen vor; doch auch in seinem Falle wurde darauf hingewiesen, dass man genaue Pläne zur Wiedereröffnung benötige. Im Zuge eines neuerlichen Lokalaugenscheins im April 1940 wurden zahlreiche Punkte gelistet, die für eine Wiederaufnahme des Betriebs nötig wären. Erneut meldete sich im Dezember 1940 Ladislaus Weresch, der bekanntgab, das Theater auf zehn Jahre in Pacht genommen zu haben und plane, es "demnächst zu eröffnen".
Im Februar 1941 meldete sich Adolf Müller-Reitzner, der zu seit 1939 in der Liliengasse 3 das "Wiener Werkel" führte, da auch er plane, das Theater wiederzueröffnen. Im März lautete der neue Interessent Josef Neuberger. Schließlich hieß der neue Leiter Felix Gerald, der in den kommenden Monaten vor allem Lustspiele herausbrachte.
Nachkriegsjahre
1948 übernahm Leon Epp den Betrieb, den er erneut Renaissancetheater nannte, und versuchte hier, mit Lustspielen sein "Haupthaus", Die Insel in der Komödie zu halten, Epps Stellvertreter wurde Karl Schwetter von den katholischen Stephansspielern. Doch trotz prominenter Gäste wie Hans Moser oder der blutjungen Waltraut Haas in Essig und Öl ging der Plan nicht auf, und Epp musste den Betrieb mit hohen persönlichen Schulden wieder aufgeben.
Von 1949 bis 1957 mietete Paul Löwinger für die Löwinger-Bühne das Renaissancetheater.
1957 folgte das Theater der Jugend, das seit 1964 als zweite Bühne das Theater im Zentrum führt. Das Theater weist aktuell 667 (ursprünglich 844) Sitzplätze auf; eine kleine Nebenbühne mit 70 Sitzplätzen befindet sich zudem um die Ecke in der 7., Mondscheingasse 18.
Schauspielerinnen und Schauspieler
Im Wien Geschichte Wiki gibt es 25 Einträge von Personen, die im Renaissancetheater engagiert waren.
BildName des Bildes | Name | BerufBeruf | GeburtsdatumDatum der Geburt | SterbedatumSterbedatum |
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Carl Bosse | Schauspieler | 30 Juni 1907 | 8 September 1981 | |
Inge Brücklmeier | Schauspielerin | 1929 | 7 Juli 2015 | |
Leon Epp | Schauspieler Regisseur Theaterdirektor | 29 Mai 1905 | 21 Dezember 1968 | |
Friedrich Fehér | Schauspieler Drehbuchautor Regisseur | 16 März 1889 | 30 September 1950 | |
Rudolf Forster | Schauspieler | 30 Oktober 1884 | 26 Oktober 1968 | |
Nora Gregor | Schauspielerin | 3 Februar 1901 | 20 Januar 1949 | |
Waltraut Haas | Schauspielerin Sängerin | 9 Juni 1927 | ||
Gertrud Helmer | Schauspielerin | 25 Juli 1928 | 8 September 1986 | |
Wilhelm Hufnagl | Schauspieler | 15 Juni 1904 | 25 Dezember 1994 | |
Maresa Hörbiger | Schauspielerin | 29 Januar 1945 | ||
Elfriede Irrall | Schauspielerin | 18 Februar 1938 | 26 Februar 2018 | |
Josef Jarno | Schauspieler Theaterdirektor | 25 August 1865 | 11 Januar 1932 | |
Karl Kyser | Schauspieler Maler | 4 Dezember 1891 | 9 April 1951 | |
Paul Löwinger (senior) | Schauspieler Regisseur Theaterleiter | 10 November 1904 | 17 Dezember 1988 | |
Erni Mangold | Schauspielerin | 26 Januar 1927 | ||
Maria Mayer | Schauspielerin | 7 Juli 1877 | 18 April 1958 | |
Ernst Meister | Schauspieler | 23 Februar 1926 | 27 September 1986 | |
Hans Olden | Schauspieler | 30 Juni 1892 | 20 Januar 1975 | |
Paula Pfluger | Schauspielerin | 24 August 1909 | 29 August 1990 | |
Auguste Pünkösdy | Schauspielerin | 28 August 1890 | 1 Oktober 1967 | |
Erich Schleyer | Schauspieler Schriftsteller | 1 März 1940 | 6 Juli 2021 | |
Gerhard Steffen | Schauspieler Kabarettist | 3 Dezember 1933 | 18 November 2000 | |
Ludwig Stössel | Schauspieler | 12 Februar 1883 | 29 Januar 1973 | |
Johanna Terwin-Moissi | Schauspielerin | 18 März 1884 | 3 Januar 1962 | |
Luise Ullrich | Schauspielerin Schriftstellerin | 31 Oktober 1911 | 21 Januar 1985 |
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 104, A8: 37 - Renaissancetheater; Volksbühne; Löwingerbühne, 1912–1943
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 471, A2: Renaissancetheater
Literatur
- Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.–12. Bezirk. Salzburg: Residenz 1990, S. 202
- Franz Hadamowsky: Wien – Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1988, Register
- Wolfgang Mayer: VII. Neubau. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 7), S. 38
- Ingrid Pötz: Zur Geschichte des Theaters in der Neubaugasse (Volksbühne – Renaissancebühne). Dipl.-Arb., Univ. Wien. Wien 1986
- Paul S. Ulrich: Wiener Theater (1752–1918). Dokumentation zu Topographie und Repertoire anhand von universalen Theateralmanachen und lokalen Theaterjournalen. Mit einem Überblick zu Zeitungen mit Theaterreferaten und deren Referenten. Wien: Hollitzer 2018 (= Topographie und Repertoire des Theaters 1), S. 98