Wiener Colosseum

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Wiener Colosseum, Ansichtskarte um 1910
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Theater
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1898
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1924
Benannt nach
Prominente Personen
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  359228
GNDGemeindsame Normdatei 1191219313
WikidataIDID von Wikidata Q19971265
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BildnameName des Bildes Wiener Colosseum.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Wiener Colosseum, Ansichtskarte um 1910
  • 9., Nußdorfer Straße 4

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48° 13' 21.68" N, 16° 21' 14.36" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Das Wiener Colosseum am Generalstadtplan von 1904

Das „Wiener Colosseum“ (9., Nussdorfer Straße 4) war "ein typisches Beispiel für die Wandlung eines Unternehmens von der Singspielhalle zum Varieté, vom Varieté zum Theater und vom Theater zum Kino, das dann im Neubau eines Wohnhauses verschwindet; es ist auch ein Beispiel für nicht ganz durchschaubare Haus-, Grundstücks- und Vermögensspekulationen."[1]

Gründung

Zwischen 1896 und 1898 ließen Leopold Roth und Dr. Heinrich Klitsch das Haus 9., Nussdorfer Straße 4, erbauen – Architekt war Carl Stephann, einer der prominentesten Architekten der "Ringstraßenära" –, in dem sich von Beginn an das Unterhaltungsetablissement "Wiener Colosseum" befand, das über einen großen Tanzsaal mit Galerie und Logen, daran angeschlossene Speisesäle zu beiden Seiten sowie "Restaurationsräume" und "Gesellschaftszimmer verfügte". Eröffnet wurde das "Wiener Colosseum" am 10. Dezember 1898. Eigentümer war nun die Kommanditgesellschaft Roth & Co., der auch einige Gläubiger der in Konkurs gegangenen ehemaligen Eigentümergruppe angehörten.

Erster künstlerischer Leiter war der Wiener Volkssänger Karl Steidler, der sich schon in den Jahren zuvor immer wieder um eine Singspielhallenkonzession bemüht hatte, jedoch zuletzt von der Statthalterei gebeten wurde, einen fixen Spielort anzuführen – das neue Wiener Colosseum.

Bereits im Jänner 1899 erweiterte Steidler am neuen Standort seine Konzession und bot nun auch, obwohl vorerst Bedenken dagegen angeführt wurden, die sich vor allem auf die so schon große Konkurrenz zum bereits bestehenden Harmonietheater beziehungsweise Orpheum im Bezirk bezog, Vorführungen mit "dressierten Tiere[n]" an.

Ab 15. Mai 1899 findet sich Ben Tieber als Direktor, während Steidler von da an im Intimen Theater (heute: Theater Nestroyhof Hamakom) tätig war –, und noch im selben Jahr verpachtete die Gesellschaft Roth & Co. die Räume an Karl Blasel, der seinerseits bis 1895 Direktor des Carltheaters und danach Gründungsmitglied des Kaiserjubiläums-Theatervereins gewesen war. Scharfen Protest gegen die Neuübernahme legte so auch der damalige Direktor des Kaiserjubiläums-Stadttheaters (heute: Volksoper) ein, denn das "Wiener Colosseum" lag in unmittelbarer Nähe – doch in diesem Falle erhielt Blasel die nötige Zustimmung durch den Statthalter. Sein Bemühen, neben der Pacht auch noch die Konzession zu erhalten, führte wiederum zu einem Konflikt mit Steidler, der immer noch Konzessionsinhaber war. Doch auch in diesem Falle konnte Blasel die öffentliche Hand überzeugen und erhielt am 15. September 1899 die nötige Singspielhallenkonzession.

Erste Filmvorführungen

Interessant für die folgende Geschichte des Ortes ist, dass Blasel nur wenige Wochen später erstmals hier einen „Biographen“ präsentierte – gefolgt von einem ersten Verbot, dann einer Genehmigung und schließlich einem Filmbrand am 4. Jänner 1900, der den Apparat unbrauchbar machte, sodass diese Attraktion wieder eingestellt wurde.

1901 musste Blasel den Konkurs für das "Wiener Colosseum" anmelden. Die Eigentümer der Immobilien, die Kommanditgesellschaft Roth & Co., suchte nun keinen Pächter mehr, sondern betrieb das Unterhaltungslokal auf eigene Kosten, eingesetzt wurde als erster artistische Leiter Arthur Brill, Prokurist der Firma.

Erweiterung der Konzession

1902 wurde der Firma die Konzession gewährt, und noch im selben Jahr ersuchten die Eigentümer um eine wesentliche Erweiterung der Konzession, die nun neben Singspielhallendarbietungen − Theateraufführungen, Tanzproduktionen, Gesangsvorträge, Pantomimen, "lebende Bilder" und "dressierte Tiere" – auch folgende Programme beinhalten sollte: "Zauberer, Prestidigateuren, Illusionisten, Rechenkünstler, Schnellmaler und Schnellzeichener, Silhouttisten, Modelleure, plastische Posen, Transformationskünstler, Musiker jeder Art, Kunstpfeifer, Tierstimmenimitatoren, Ventriloquisten, Phonographen, Radfahrer, Taucher, Serpentinentänzer und Tänzerinnen zur Aufführung von Balletten und zu Vorstellungen mit dem Kinematographen".

1903 wurde das Varieté in den Garten des "Wiener Colosseum" verlegt und sowohl hier wie auch im Saal Programm geboten. 1906 verließ Brill die Firma, gefolgt von Louis Mittler als Prokuristen – und damit Varietédirektor im Auftrag der Eigentümer.

1908 hatten die Varieté-Einlagen an Attraktivität verloren, und Roth & Co. bemühten sich, aus dem Unterhaltungslokal ein "echtes" Theater zu machen mit "ein- oder mehraktigen Theaterstücken nur mit gesprochenem Text, aber mit Szenen". Im Sommer wurde die Konzession auch um musikalische Theaterdarbietungen erweitert, doch wurde festgehalten, dass sich keinerlei Konkurrenz zum Kaiserjubiläums-Stadttheater ergeben durfte und dass für die neue Konzession auch die räumlichen Gegebenheiten adaptiert werden mussten.

Kolosseum-Gesellschaft

Im Jahr darauf gaben die Eigentümer ihre Leitung auf und verpachteten das neue Theater wieder – zuerst an Louis Mittler, ab 1913 an dessen Stellvertreter Paul Goldberg, den Inhaber der Buchdruckerei Pago. Zeitgleich wurde eine neue Gesellschaft gegründet, die "Kolosseum-Gesellschaft", die von nun an den Pachtvertrag mit Roth & Co. innehatte. Zur Gesellschaft gehörten Mittlers Schwester Therese Schulhof sowie Karl und Helene Viktora, die den Gasthof im "Wiener Colosseum" führten. Die Konzession blieb bei Goldberg allein, künstlerischer Direktor der neuen Gesellschaft wurde Leo Katscher.

Doch da die Vorstellungen erst um 22 Uhr beginnen durften – um der nunmehrigen " Volksoper" keine Konkurrenz zu machen –, lief der Betrieb nur in Maßen gut, sodass anlässlich eines mehrmonatigen Gastspiels der Exlbühne um die Vorverlegung der Beginnzeit auf halb neun angesucht und dieser schließlich trotz Kritik des Verbandes der österreichischen Theaterdirektoren stattgegeben wurde. Die Exlbühne gastierte hier bis Juni 1914, doch obwohl sich die Situation dadurch etwas entschärfte, legte Goldberg seine Konzession zurück. Erneut versuchten es die Hauseigentümer selbst, doch schon bald wurde das Theater gesperrt. Während des Krieges gab es eine Reihe von Gastspielen, unter anderem der Wiener Bühnenkünstler in der Leitung von Karl Marfeld-Neumann oder des Bürgertheaters in der Direktion Oskar Fronz.

Übernahme durch den Verein Neue Freie Volksbühne

Bereits 1915 las man in der Presse, dass Arthur Rundt beabsichtige, das Theater ganz aus dem "Varietéstand" zu heben und hier die ehemalige "Freie Volksbühne" unter dem neuen Vereinsnamen „Neue Freie Volksbühne“ zu etablieren. Die Freie Volksbühne hatte zuvor in der Neubaugasse im späteren Renaissancetheater und dem heutigen Theater der Jugend gespielt, musste jedoch bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs aufgeben und den Verein auflösen. Nun wurde der Verein wieder gegründet, dessen Proponent neben Rundt der damalige Direktor der österreichischen Alpe-Montan-Gesellschaft, Dr. Eugen Herz, war. Der neue offizielle Vereinsname war "Volksbühnen-Verein in Wien", der neue Zweck, "der Betrieb eines Theaters in Wien unter dem Namen 'Volksbühne' und die Veranstaltung von Vorträgen und Konzerten, der Vorführung von Werken der bildenden Kunst und der Herausgabe von Druckschriften literarischen Inhalts zum Zwecke der Weckung und Förderung des Verständnisses für die Kunst und die Kunstwerke im Volke." Am 18. April folgte die konstituierende Generalversammlung des Vereins, zu dessen Vorstand sieben Industrielle, zwei Advokaten, ein Bezirksrichter, der Redakteur Maximilian Schreier und der Feldmarschallleutnant i. R. Arthur Grünzweig von Ehrensieg zählten.

Eröffnet wurde das Theater jedoch nicht als "Neue Freie Volksbühne", sondern unter dem Namen "Neue Wiener Bühne" am 2. Februar 1917 mit Hasenclevers Drama Der Sohn. Direktor war Rundt, zweiter Direktor Hans Ziegler.

Vom Verein hörte man von da an nichts mehr – als man 1925 nach dessen Verbleib fragte, erinnerte sich eines der einstigen Ausschussmitglieder daran, dass der Verein wohl schon 1917 oder 1918 wieder aufgelöst worden war. Erst 1939 wurde durch den nunmehrigen "Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem deutschen Reich" der "Volksbühnen-Verein" offiziell aufgelöst, die Löschung erfolgt im Mai 1941, nachdem das Polizeiamt Alsergrund erklärt hatte, der Verein hätte sich "im Jahr 1916 aufgelöst".

In den wenigen Monaten ihres Bestehens bot die "Neue Wiener Bühne", "gutes literarisches Zeittheater“.[2] Man spielte Ibsen, Hauptmann, Shaw und Lengyel, Klassiker ebenso wie die " Expressionisten" Hasenclever und Kaiser. Schauspieler-Größen wie Max Pallenberg (Familie Schimek), Alexander Moissi, Albert Bassermann und Ida Roland traten hier als Gäste auf, Auguste Pünkösdy und Josef Schildkraut gehörten zum festen Ensemble.

Wiener Komödienhaus & Metropol-Theater

Doch schon ab 1917 findet man in den Akten des Wiener Stadt- und Landesarchivs ein neues Unternehmen an dieser Adresse: das "Wiener Komödienhaus", das in der Direktion Georg Höllering am 1. Oktober 1918 hier eröffnete. Höllering findet sich in den Akten auch noch 1920 als Direktor und Inhaber der "Singspielhallenkonzession". Doch im selben Jahr wurde das Theater von den beiden nunmehrigen Direktoren G. H. und Gustav Müller erneut umbenannt und hieß von nun an "Metropol-Theater". Gespielt wurde unter anderem Leidensweg Christi, für das man im zweiten Teil um die Genehmigung zur Errichtung einer Brücke ansuchte, die durch den Zuschauerraum laufen sollte. In einem anderen Schreiben dieser Zeit wird die Direktion mit "Inhaber: Verlag Ed. Strache, Georg Höllering" ausgewiesen, geprobt wurde damals hier Der Tanz ins Glück, "welches im [[Raimundtheater (Institution) | Raimundtheater]] bereits 200mal aufgeführt wurde". Das Haus selbst war nach Kriegsende in den Besitz des Verlages Strache übergegangen, der seinerseits Höllering als Direktor eingesetzt hatte.

Spätestens 1924 wurde der Theaterbetrieb an diesem Standort eingestellt und im Jahr darauf an dieser Adresse das nunmehrige Colosseum Kino errichtet, das hier bis 2002 existierte.

Schauspielerinnen und Schauspieler

Im Wien Geschichte Wiki gibt es 1 Einträge von Personen, die im Wiener Colosseum engagiert waren.

BildName des BildesNameBerufBerufGeburtsdatumDatum der GeburtSterbedatumSterbedatum
Turl WienerSchauspieler
Sänger
7 September 187515 August 1971

Quellen

Literatur

  • Franz Hadamowsky: Wien. Theatergeschichte. Wien: Jugend und Volk 1988, S. 789–794
  • Arbeiter Zeitung, 3.8.1924, S. 5
  • Neue Freie Presse, 4.12.1912, S. 14
  • Illustriertes Wiener Extrablatt, 1.3.1901
  • Paul S. Ulrich: Wiener Theater (1752–1918). Dokumentation zu Topographie und Repertoire anhand von universalen Theateralmanachen und lokalen Theaterjournalen. Mit einem Überblick zu Zeitungen mit Theaterreferaten und deren Referenten. Wien: Hollitzer 2018 (= Topographie und Repertoire des Theaters 1), S. 19 f.

Einzelnachweise

  1. Franz Hadamowsky: Wien. Theatergeschichte. Wien: Jugend und Volk 1988, S. 789–794.
  2. Franz Hadamowsky: Wien. Theatergeschichte. Wien: Jugend und Volk 1988, S. 789–794.