Ottakringer Hofwasserleitung
Die Ottakringer Hofwasserleitung wurde im Jahr 1756 zur privaten Wasserversorgung von Gebäuden der Vorstädte und der Stadt errichtet.
Ihr Ursprung geht auf den Vertrag der Gemeinde Ottakring mit dem Magistrat vom 9. Dezember 1756 über die Wassernutzungsrechte zurück, in dem sich Ottakring (mit Zustimmung der Grundherrschaft des Stifts Klosterneuburg) verpflichtete, Quellwasser über die Josefstadt auf den Neuen Markt zu liefern. Der Magistrat errichtete die Leitung auf Kosten des bürgerlichen Ärars, wobei aber primär Palais und öffentliche Gebäude versorgt wurden. Als Eigentümer der Brunnstube am Gallitzinberg schienen ursprünglich Bürgermeister und Rat der Stadt Wien auf, ab 1792 jedoch das k. k. Hofbauamt (das in diesem Jahr auch eine zweite Brunnstube im Ottakringer Wald erwarb); 1819 wurde die erstgenannte Brunnstube dem "Allerhöchsten Hof" verkauft.
Über die Trassenführung der Ottakringer Hofwasserleitung berichtet Franz Anton de Paula Gaheis in seinen "Wanderungen und Spazierfahrten in den Gegenden um Wien". Von der Brunnstube am Gallitzinberg passierte die Leitung Ottakring und Neulerchenfeld, verlief über den Linienwall auf der Höhe des k.k. Blindeninstituts (8., Blindengasse 33) entlang der Kaiserstraße in der Josefstadt über den Volksgarten zum Wasserbehälter bei der Staatskanzlei in der Löwelstraße. Laut Stadler teilte sich die Ottakringer Hofwasserleitung dieses Reservoir mit der Schottenfelder Hofwasserleitung[1].
Der Wasserüberschuss innerhalb der Linie sollte für die Versorgung der Josefstädter Kaserne und den Ungarischen Gardehof Verwendung finden. In der Stadt wurden die Hofburg, die Grabenbrunnen und das (Alte) Rathaus, das Niederösterreichische Landhaus, das Schottenstift, das Cortische Kaffeehaus und Paradeisgartel sowie zahlreiche Palais, darunter das Harrachpalais und das Liechtensteinpalais, versorgt.
Joseph II. bewilligte auch die Wasserabgabe an die Gemeinde Neulerchenfeld; daran erinnerte der Ecke Neulerchenfelder Straße–Brunnengasse aufgestellter Kaiser-Josephs-Brunnen (1786), der 1871 abgetragen wurde, weil er der Trasse der Pferdetramway im Weg stand.
Angesichts des Wassermangels auch durch die Sommerhitze und der Abnahme der Wassermenge in den k.k. Wasserleitungen wurde die Ottakringer Hofwasserleitung 1792 durch eine zweite Brunnstube im Ottakringer Wald verstärkt. Die Ergiebigkeit betrug pro Tag 300-400 Eimer Wasser.
1805 erhob die Stadt Wien ihren seit 1756 bestehenden Anspruch auf zwei Zoll Wasser aus der Ottakringer Hofwasserleitung zur Speisung öffentlicher Brunnen. Per kaiserlicher Verfügung vom 6. November 1805 entrichtete der Magistrat für die Abtretung der Leitung eine Entschädigung von 9000 Gulden.
Für die Gemeinde Ottakring war der Vertrag eine Belastung, weil zuwenig Wasser für die eigene Bevölkerung vorhanden war (für den Bau einer eigenen Wasserleitung konnten niemals die finanziellen Mittel aufgebracht werden). Nach dem Bau und der Eröffnung der Ersten Hochquellenleitung 1873 gelang es der Gemeinde 1877, die nun für den Kaiserhof entbehrlich gewordene Ottakringer Hofwasserleitung zu erwerben (Kaufpreis 50.000 Österreichische Gulden), worauf zwölf Auslaufbrunnen und zwei Hydranten aufgestellt wurden. Die Ergiebigkeit pro Tag belief sich auf ca. 1600 Eimer. Jedoch wurde Kritik über die schlechte Wasserqualität und den Zustand der Röhren laut.
1881 kam ein Wasserlieferungsvertrag mit der Gemeinde Wien zustande, demzufolge täglich 140 m³ Hochquellenwasser in die Ottakringer Hofwasserleitung eingespeist wurden. Gleichzeitig wurden neue Brunnen im Liebhartstal errichtet. Die alte Ottakringer Hofwasserleitung wurde noch einige Jahrzehnte weiterverwendet.
Verlegung der Rohre der Ottakringer Hofwasserleitung vom Reservoir im Volksgarten
Trautsonpalais (7) bzw. Ungarischer Gardehof
Literatur
- Josef Donner: Dich zu erquicken, mein geliebtes Wien... Geschichte der Wiener Wasserversorgung von den Anfängen bis 1910. Wien: Norka-Verlag [1990], S. 20 f.
- Ruth Koblizek, Nicole Süssenbek, Die Trinkwasserversorgung der Stadt Wien von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, Teil 2A (ungedruckte Dissertation Wien). Wien. 1999/2000, S. 185-191
- Ruth Koblizek, Nicole Süssenbek, "Wasser in jedwedes Bürgers Haus". Die Trinkwasserversorgung Wiens. Wien: MEMO 2003, S, 41f
- Rudolf Stadler: Die Wasserversorgung der Stadt Wien in ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Denkschrift zur Eröffnung der Hochquellen-Wasserleitung im Jahre 1873. Wien: Gemeinderat 1873, S. 36.