Zum Salvator (Apotheke)
Apotheke "Zum Salvator" (1564-1961).
Frühe Neuzeit
Die Apotheke "Zum schwarzen Adler" war vermutlich jene Apotheke, die im Jahr 1564, dem letzten Lebens- und Regierungsjahr Kaiser Ferdinands I., vom Landesherrn ein Privilegium erhielt, das in das Vormerkbuch des Apothekergremiums eingetragen wurde. Abgesehen von dieser einen Nennung lässt sich die Apotheke zwar erst im 17. Jahrhundert eindeutig identifizieren, ihr Bestand muss aber auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts zurückgehen. In der Frühzeit sind wir jedoch wieder einmal auf hypothetische Zuordnungen der Besitzer angewiesen. Das Apothekenschild dürfte jüngeren Datums sein, taucht aber spätestens 1654 auf.
Im Haus Konskriptionsnummer 1121 (Graben 12) findet sich (ohne Nennung eines Apothekenschilds) ab 1564 der Apotheker Zacharias Piersack (auch Piersacht), den man bei Abwägung und Bewertung verschiedener Indizien als Besitzer der Apotheke "Zum schwarzen Adler" bezeichnen kann. Die Apotheke hatte allerdings, sofern sie in dem Piersack gehörenden Haus untergebracht war, ihren Standort unmittelbar neben der Blauen Apotheke.
Piersacks erste Nennung am 14. April 1564 erfolgte im Zusammenhang mit einer Rüge der Fakultät. Zusammen mit ihm erhielten einige Apotheker (darunter auch Abraham Sangner von der "Blauen Apotheke") wegen des "Betreibens einer medizinischen Praxis" einen Verweis. Darunter ist wohl die Empfehlung bestimmter Medikamente bei von Kunden geschilderten Krankheitssymptomen zu verstehen.
Nach Piersacks Tod 1579 klafft in der Überlieferung eine erhebliche Lücke. Um 1639 könnte Valentin Hess Besitzer der Apotheke gewesen sein.
Als gesichert gilt Paul Weidner ab 1639 als Besitzer der Apotheke. 1639 erwarb Weidner gemeinsam mit seiner ersten Gattin Maria Clara von den Erben seines Schwagers Hess das der Hofburg im Norden vorgelagerte Haus Konskriptionsnummer 5. Dieses stand auf dem Areal des heutigen Michaelerplatzes. Es handelte sich um das Eckhaus der inzwischen demolierten Verlängerung der westlichen Häuserzeile des Kohlmarkts im Bereich der heute dort einmündenden Schauflergasse gegenüber des Ende der 1890er Jahre Ecke Herrengasse errichteten Herbersteinpalais (EZ 746). In diesem 1639 gekauften Haus befand sich auch die Apotheke mit dem Schild "Ad aquilam nigram" ("Zum schwarzen Adler").
Möglicherweise wählte Paul Weidner das Schild in Anlehnung an das kaiserliche Wappen, denn Weidner war der Leib- und Hofapotheker Kaiser Ferdinands II. gewesen. Zum Dank dafür, dass er den Monarchen ab 1628 als Leibapotheker-Adjunkt auf allen seinen Reisen begleitet und betreut hatte, wurde er am 18. Oktober 1630 in den Adelsstand erhoben und erhielt die rote Wachsfreiheit. Auch bei Kaiser Ferdinand III. stand Weidner in hoher Gunst. Dieser bestätigte ihm am 23. Dezember 1652 den rittermäßigen Adel und verlieh ihm das Prädikat "von Weidenthal". Die Apotheke stand zu dieser Zeit dem Hof nahe und gehörte nicht zu den zehn bestehenden bürgerlichen Apotheken.
Aus welchen Gründen auch immer (vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen – Weidner erwartete eine Umsatz- bzw. Ertragssteigerung) ersuchte Weidner am 20. Februar 1654 um Inkorporierung seiner Apotheke in den Kreis der bürgerlichen Apotheken. Da sich die anderen Apotheker diesem Wunsch energisch widersetzten (abgesehen von der stärkeren Konkurrenzierung wurde auch die Zahl von zehn Apotheken überschritten), reiste Weidner nach Regensburg zu Kaiser Ferdinand III. Dort gelang es ihm, vom Kaiser ein Hofprivileg zu erhalten, durch das seine Apotheke mit den bestehenden bürgerlichen Apotheken gleichgestellt wurde. Bedingung war, dass er sich einer Prüfung unterziehe und die Prüfungstaxe erlege. Er legte die Prüfung am 8. Juli 1654 zur Zufriedenheit ab.
1654 ist somit nicht das Gründungsjahr, sondern das Jahr, in dem die Apotheke "Zum schwarzen Adler" den bürgerlichen Apotheken gleichgestellt wurde. Weidner gab als Schild der Apotheke "Ad aquilam nigram" an. Weidner verstarb am 7. April 1669 im Alter von 66 Jahren.
Johanna Maximiliana Weidner führte die Apotheke ab 1669 als Witwenbetrieb mit Hilfe von Provisoren weiter. Sie musste die Provisoren mehrfach wechseln, weil diese den Dienst in der vornehmen, vom Hof privilegierten Apotheke offenbar als Sprungbrett für die Erlangung der Selbständigkeit benutzten.
Johanna Maximiliana Weidner übergab 1683 ihrem jüngsten Sohn Paul Maximilian Weidner die Apotheke. Paul Maximilian Weidner starb am 9. März 1688, erst im 25. Lebensjahr stehend, an hitzigem Gallfieber.
Noch im selben Jahr 1688 erwarb der vormalige Provisor der Apotheke "Zur goldenen Krone" am Graben, Johann Baptist Gründl (auch Grindl), der in dieser am 28. Mai 1685 die Provisorenpüfung abgelegt hatte, die Apotheke "Zum schwarzen Adler". Die medizinische Fakultät bezeichnete ihn 1694 als "vir sedulus et diligens".
Nach seinem Tod 1696 führte seine Witwe Maria Margaretha Gründl die Apotheke als Witwenbetrieb bis 1697 weiter.
Am 11. März 1697 legte der aus Linz stammende Franz Gottlieb Pfaler (Pfahler, Pfaller) die Prüfung ab. Das Apothekenhaus erwarb er von Gründls Witwe erst 1700. Bereits 1702 wurde Pfaler Mitglied des Äußeren Rats, eine Funktion, die er bis zu seinem Tod innehatte. Pfaler dürfte als Apotheker recht anerkannt gewesen sein. Er wurde 1723 neben seinem Ratsposten auch als Nachfolger des zurückgetretenen Ignaz Greimoldt zum Senior der Congregatio Gremii pharmaceutici Viennensis gewählt, nachdem er dem Kollegium schon längere Zeit als Mitglied angehört hatte. Er übte auch diese Funktion bis zu seinem Tod 1736 aus. Als Subsenior wurde ihm der Apotheker "Zum roten Krebs (Apotheke)", Christoph Joseph Lorenz de Pauli, zur Seite gestellt. Pfaler verstarb am 9. September 1736.
Pfalers Söhne hatten keine Ambitionen, den Beruf des Apothekers zu ergreifen. Sie und die übrigen Erben verkauften daher die Apotheke am 23. September 1736 um 21.000 Gulden an den aus der Erzdiözese Köln zugewanderten Johann Peter Girlich, der am 7. November 1736 die Prüfung ablegte.
Ab diesem Zeitpunkt stand die Apotheke Jahrzehnte hindurch wirtschaftlich unter keinem guten Stern. Die nachfolgenden Besitzer hatten weder öffentliche noch gremiale Funktionen inne. Die genauen Ursachen der finanziellen Probleme sind im Einzelnen nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass die nahegelegene sowie die Apotheke "Zum goldenen Hirschen" am Graben eine übermächtige Konkurrenz darstellten. Außerdem war die Apothekendichte in der Altstadt nach wie vor sehr hoch. Girlich, der sich offenbar finanziell zu viel zugetraut hatte und auch eine hohe Miete von 800 Gulden pro Jahr entrichtete, verstarb bereits 1738. Seine Schulden waren zu diesem Zeitpunkt bereits derart angewachsen, dass der Verkauf der Apotheke von den Gläubigern bereits eingeleitet worden war.
Am 11. November 1738 erwarb der aus Krems stammende Garnisonsapotheker von Szegedin und Arad, Franz Anton Beer, die Apotheke von den Gläubigern. Beer betrieb die Apotheke zwar fast ein Jahrzehnt. Er musste jedoch 1747, nachdem seine Gläubiger bereits am 14. April 1744 über die Apotheke die Realexekution hatten verhängen lassen und selbst die Geschäftsführung übernahmen, offiziell den Konkurs anmelden. Er starb im selben Jahr.
Am 5. Juli 1747 erwarb Jakob Tendler die Apotheke aus der Konkursmasse. Auch er sah sich jedoch nach einigen Jahren gezwungen, die Apotheke zu verkaufen. Diesmal trat der 36-jährige bisherige Besitzer der Apotheke im Großarmenhaus, Josef Decker, als Käufer auf. Er übernahm die Apotheke 1751.
Nach Deckers Tod verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage des nunmehr von seinen Erben geführten Betriebs neuerlich. Bei einer im Auftrag des Magistrats 1761 durchgeführten Schätzung wurde die Apotheke mit 28.307 Gulden 15 Kreuzer bewertet, wovon 10.000 Gulden auf die Gewerbeberechtigung entfielen. Die Steuerleistung, die bereits 1759 auf 50 Gulden und 1760 auf 45 Gulden zurückgegangen war, betrug 1761 und 1762 (trotz der Geldentwertung gegen Ende des Siebenjährigen Kriegs) jeweils nur noch 30 Gulden.
Als Decker am 19. November 1760 im 45. Lebensjahr verstarb, wollte der Magistrat das Gremium veranlassen, die Apotheke samt deren Filialbetrieb im Großarmenhaus selbst zu übernehmen. Dieses erklärte jedoch, dass es für eine derart heruntergekommene Apotheke nicht mehr als 12.000 Gulden bieten könne, was mit Rücksicht auf die Gläubiger zurückgewiesen werden musste.
Schließlich fand sich im Badener Apotheker Johann Baptist Rancker ein Käufer, der bereit war, 14.000 Gulden zu bezahlen. Tatsächlich gelang es ihm, die Apotheke wieder empor zu bringen. Dies lässt sich aus der Entwicklung der Steuerleistung ablesen: 1763 waren es 40 Gulden und 1764 bereits 50 Gulden. Von 1765 bis 1769 wurden jährlich 55 Gulden, von 1770 bis 1774 jährlich 60 Gulden und von 1775 bis 1776 jährlich 70 Gulden Steuer bezahlt.
Am 1. Jänner 1776 verkaufte Rancker, der in die Position eines Feldapothekendirektors überwechselte, die Apotheke problemlos um nunmehr 26.000 Gulden an Ernest(us) Reichenauer. Dieser wurde wenig später, am 30. Oktober 1777, zum Senior des Kollegiums gewählt. Er hatte diese Position allerdings nur ein Jahr inne. Unter seiner Führung entwickelte sich die Apotheke zunächst recht gut. Die Steuerleistung stieg in den Jahren 1777 bis 1780 auf jährlich 80 Gulden und 1781 bis 1782 sogar auf 81 Gulden 52 Kreuzer an, fiel dann aber wieder erheblich zurück. 1783 waren 60 Gulden und von 1784 bis 1787 nur noch 50 Gulden im Jahr zu zahlen.
Als Reichenauer 1793 starb, verkaufte seine Witwe Theresia die Apotheke an Josef Bittner. Bereits am 11. April 1796 verkaufte Bittner die Apotheke um 28.000 Gulden an den damals 29-jährigen Joseph Rebhann (auch Rebhahn). Ihr Normalwert (d. h. der Wert der Konzession) wurde im Jahre 1800 auf 18.000 Gulden geschätzt. Rebhann erhielt am 21. Juli 1797 das Bürgerrecht. Die Apotheke befand sich damals im Haus Konskriptionsnummer 1113 in der Kärntner Straße (heute Kärntner Straße 14, Kupferschmiedgasse 1). Der genaue Zeitpunkt der Übersiedlung dorthin ist nicht bekannt.
19. Jahrhundert
Nach Steuerleistungen von je 55 Gulden in den Jahren 1801 und 1802 stabilisierten sich die Zahlungen ab 1803 bei 60 Gulden pro Jahr und stiegen erst ab 1809 inflationsbedingt erheblich an.
1823 verkaufte Rebhann die Apotheke an Friedrich Etzelt. Am 12. November 1823 erhielt Etzelt die Apothekerbewilligung, zugleich wurde ihm das Bürgerrecht verliehen. Etzelt erlangte in späteren Jahren, auf das Vertrauen seiner Berufskollegen gestützt, hohe Würden: Am 26. September 1837 wählte ihn die Gremialversammlung anstelle des zurückgetretenen Vorstehers Ignaz Moll zum Gremialvorsteher. Etzelt behielt dieses Amt bis zu seinem Rücktritt am 27. Dezember 1849.
Am 5. März 1855 legte Etzelt seine Personalbefugnis zurück. Als am 15. März 1855 das zurückgelegte Personalgewerbe vom Gremium ausgeschrieben wurde, meldete sich Provisor Heinrich Neuhold am 25. April 1855 als einziger Bewerber. Ihm wurde die Befugnis mit Beschluss des Stadtrats vom 26. April 1855 bzw. definitiv am 2. Juni 1855 am nunmehrigen Standort Stadt Konskriptionsnummer 1047 (Kärntner Straße 22) verliehen. Fast zwei Jahrzehnte mühte sich Neuhold ab, das Geschäft wieder in die Höhe zu bringen, was ihm dank seines persönlichen Einsatzes auch gelungen sein dürfte.
Am 23. Oktober 1873 verkaufte Neuhold die Apotheke an den damals 32-jährigen diplomierten Chemiker Dr. Jakob (Jaques) Rainer. Ihm erteilte der Magistrat für die Apotheke am unveränderten Standort mit Dekret vom 6. Dezember 1873 die Konzession. Einige Jahre später, am 26. August 1881, wurde ihm auch das Bürgerrecht verliehen. Unter seiner Leitung erlangte die Apotheke den Ruf, zu den besten Stadtapotheken zu gehören. Der Besitzer wurde dank seiner reichen Erfahrung zum k. k. Landesgerichtschemiker bestellt. Rainer starb am 29. Februar 1908 im Alter von 67 Jahren im Haus Kärntner Straße 13.
20. Jahrhundert
Am 1. Jänner 1909 wurde die Apotheke von Rainers ältestem Sohn, Anton Rainer, übernommen, der sie am 23. Februar 1910 in eine OHG umwandelte. Gesellschafter war neben ihm selbst Dr. Josef Rainer. Die OHG wurde am 4. März 1910 ins Handelsregister eingetragen.
Bereits im darauffolgenden Jahr wurde die Apotheke an Mag. pharm. et Dr. Hans Blau als Alleininhaber verkauft und am 7. Jänner 1911 ins Handelsregister eingetragen. Am 1. August 1923 wandelte Blau die Firma neuerlich in eine OHG um mit den Gesellschaftern Felix Sohar und Dr. Michael Josef Müller um, was am 15. Februar 1924 im Handelsregister vermerkt wurde.
Ab 27. März 1928 war Dr. Michael Josef Müller Inhaber, als Gesellschafter fungierten Mag. pharm. et Dr. Otto Lustig und Mag. pharm. et Dr. Hilde Lustig. Am 30. Dezember 1935 wurde die Konzession von Müller auf Otto Lustig übertragen. Bereits am 10. Jänner 1936 wurde vom Konzessionsbesitzer als neuer Leiter Dr. Richard Kohn bestellt und ins Handelsregister eingetragen.
Nach dem Anschluss Österreichs wurde durch die nationalsozialistische Stadtverwaltung am 1. Juli 1938 Mag. pharm. Kamillo Winter als neuer Leiter eingesetzt. Otto Lustig musste wenige Monate später, am 8. November 1938, unter Zwang seine Konzession zurücklegen, die an Kamillo Winter übertragen wurde. Als Adresse des Betriebs wird in diesem Zusammenhang Kärntner Straße 16 angegeben, es handelte sich dabei aber vermutlich um Winters Wohnadresse. Am 28. August 1939 wurde die Apotheke unter die Verwaltung von Dr. Robert Baur gestellt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam es zu schwierigen Prüfungen der Eigentumsverhältnisse. Eine Berufung gegen die erzwungene Konzessionsrücklegung, die der in die USA vertriebene Dr. Otto Lustig (damals wohnhaft 61th Avenue, Forest Hills, N. Y.) eingebracht hatte, wurde am 12. September 1961 ministeriell abgewiesen. Daraufhin wurde die Apotheke geschlossen.
Standorte
- 1564–? Graben 12 (Teilareal von Konskriptionsnummer 1121)
- ab 1639 – spätestens 1796 Schauflergasse, Ecke Kohlmarkt (gegenüber dem Michaelerfreithof; alte topographische Situation: Konskriptionsnummer 5, später EZ I/746)
- spätestens 1796–1855 Kärntner Straße 14 (Konskriptionsnummer 1079/1113/1049)
- 1855–1938 Kärntner Straße 22
- 1938–1961 Kärntner Straße 16
Apothekenschild
- 1639 "Ad aquilam nigram" (Zum schwarzen Adler)
- mindestens 1723–1807 "Zum schwarzen Adler"
- frühestens ab 1807 "Zum Salvator"
Literatur
- Felix Czeike: Geschichte der Wiener Apotheken, Die Apotheken im heutigen ersten Wiener Gemeindebezirk. Innsbruck: Studienverlag. Band 50, 2010, S529-547
- Felix Czeike: Die Apotheke "Zum schwarzen Adler". In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 29 (1974), S. XXXI
- Leopold Hochberger / Joseph Noggler: Geschichte der Wiener Apotheken. Wien: Verlag des Wiener Apotheker-Hauptgremiums 1917-1919, S. 41 f.
- Leopold Hochberger / Joseph Noggler: Geschichte der Wiener Apotheken. Wien: Verlag des Wiener Apotheker-Hauptgremiums 1917-1919, S. 41 ff.