Stephansfreithof (1255-1732)
48° 12' 30.77" N, 16° 22' 26.71" E zur Karte im Wien Kulturgut
Der Stephansfreithof (1., Stepahnsplatz) war ein ehemals um den Stephansdom gelegener Friedhof, der im Mittelalter angelegt wurde und bis 1732 bestand. Er war die größte und berühmteste Totenstätte innerhalb der babenbergischen Ringmauer.
Nutzung
Anfänge
Die ältesten, mittelalterlichen Bestattungen im Bereich des späteren Stephansfreithofes lassen sich auf das 9. Jahrhundert datieren. Spätestens ab dem 10. Jahrhundert ist von christlichen Bestattungen auszugehen. Der ursprünglich von einer Mauer umgebene Stephansfreithof wird 1255 erstmals urkundlich erwähnt. Dem Bau des gotischen Chors (1304-1340) und der Erweiterung der Kirche (1359-1511) fielen Teile des Freithofgeländes zum Opfer, weshalb bereits 1309 ein Stück der Deutschordenskommende (1., Stephansplatz 4) erworben und zum Freithofgelände umgewidmet wurde. Der Name Stephansfreithof scheint erstmals 1587 auf. Zuvor findet man für den südwestlichen Teil (1386 und noch 1513) die Bezeichnung Leichhof.
Auflassung und erneute Nutzung
Kaiser Maximilian I. ordnete 1510 die Einstellung der Begräbnisse auf dem Stephansfreithof an, dies wurde jedoch erst unter Ferdinand I. umgesetzt. Ab 1571 wurde ein Teil des Bürgerspitalsfriedhofes jenseits des Wienflusses außerhalb des Kärntnertors als Friedhof für St. Stephan genutzt. Da dieser Teil des Friedhofs ab 1640 jedoch wieder an das Bürgerspital abgetreten werden musste, wurde der Stephansfreithof bis zu seiner endgültigen Auflassung 1732 wieder belegt.
Am 19. Mai 1688 zeigte die N. Ö. Regierung „denen von Wienn“ an, dass die Gräber auf dem „St. Stephans freidhof“ zu seicht und nicht tief genug gegraben würden, wodurch ein übler Geruch entstände und man daher auch Angst vor daraus entstehenden Krankheiten hätte. Die Regierung befahl daher, die Gräber auf dem Friedhof tiefer zu graben. Die Angst, dass die aus der Erde aufsteigenden, giftigen Ausdünstungen (Miasmen) von verwesenden Tieren, Menschen oder verrottenden Pflanzen Seuchen auslösen würden, geht auf Hippokrates (um 460–375 vor Christus) zurück.
Gräberfelder und Zugänge um 1700
Die durch Wege voneinander getrennten Gräberfelder führten (um 1700) folgende Namen:
- Fürstenbühel (nördlich des Langhauses),
- Palmbühel (nördlich des Chors),
- Studentenbühel (gegen die Schulerstraße)
- Römerbühel (gegen das Deutschordenshaus und die Churhausgasse)
Der Stephansfreithof war durch Tore, die zur Nachtzeit geschlossen wurden, zugänglich:
- Mesnertor (1466 neu erbaut; Zugang von der Bischofgasse [ Rotenturmstraße ] zwischen Bischofshof und Mesnerhaus [das nördlichste Gebäude der bis 1792/1803 vor dem romanischen Westwerk verlaufenden Häuserzeile]),
- Neidhartstor (auch Zinnertor [Nähe des Neidhart-Grabdenkmals; Neidhart Fuchs ]) zwischen Kirchenschließerhaus und Domkantorei [ Kantor ]; 1466 errichtet, 1675 erneuert, 1788 abgebrochen),
- Stephanstor (oder Hüttentor; an der Einmündung der Churhausgasse in die Singerstraße [zwischen Nummer 5 und 7], benannt nach einer am Tor angebrachten Statue des heiligen Stephan beziehungsweise nach der nahegelegenen Dombauhütte; 1674 renoviert)
- Schulertor (oder Leopoldstor; gelegen an der Ausmündung der Großen Schulerstraße zwischen Stephansplatz 5 und 6)
Die Tore wurden 1788 abgebrochen.
Am Stephansfreithof lag die Maria-Magdalena-Kapelle, die im 14. Jahrhundert auf die unterirdische Virgilkapelle gebaut worden war.
Endgültige Sperre
Der Stephansfreithof wurde unter Karl VI. 1732 für Beerdigungen gesperrt. Dafür wurde auf einem Teil der Schießstätte der Neue Stephansfreithof errichtet (1784 aufgelassen). 1783 beseitigte man am Stephansfreithof die vorhandenen Gräber, brachte jedoch bedeutende Grabsteine an der Kirchenfassade an. Die vor der Westfassade der Stephanskirche stehende Häuserzeile wurde zwischen 1792 und 1803 abgebrochen (Stephansplatz). Als Franz II. 1792 von seiner Krönungsreise aus Frankfurt am Main nach Wien zurückkehrte, waren das Mesner-, Barleiher- und Kirchenschließerhaus bereits abgebrochen, sodass der Weg zum Riesentor frei war.
Bestattete Personen
Im Wien Geschichte Wiki gibt es 7 Einträge von Personen, die auf diesem Friedhof bestattet sind.
BildName des Bildes | Personenname | BerufBeruf | GeburtsdatumDatum der Geburt | SterbedatumSterbedatum | Grabstelle |
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Lucas Alantsee | Verlags- und Sortimentsbuchhändler | 1522 JL | |||
Konrad Celtes | Dichter Geograph | 1 Februar 1459 JL | 4 Februar 1508 JL | ||
Georg Franz Koltschitzky | Kaufmann | 1644 | 19 Februar 1694 | ||
Anton Pilgram (Baumeister) | Baumeister Steinmetz Bildhauer | 1460 JL | 1515 JL | ||
Ladislaus Sunthaym | Geistlicher Historiker Genealoge Geograph | 1445 JL | 1513 JL | ||
Helena Octaviana Thurnmayer | Buchdruckerin | 1648 | 14 Januar 1682 | ||
Michael Thurnmayer | Buchdrucker | 1640 | 17 März 1675 |
Quellen
Literatur
- Erich Bamer: Betrachtungen zum Bau des Wiener Stefansturms. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 4 (1949), S. 5 ff.
- Walther Brauneis: Zur Topographie des Stephansplatzes: In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 26 (1971), S. 161 ff.
- Albert R. von Camesina: Die Maria-Magdaiena-Capelle am Stephansfreithof zu Wien und dessen Umgebung. In: ebenda 11 (1870), S. 216 ff.
- Reinhard H. Gruber: Memento Mori. Die Katakomben im Wiener Stephansdom. Wien 2010
- Richard Perger / Walther Brauneis: Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1977 (Wiener Geschichtsbücher, 19/20), S. 69
- Wiener Stadtwerke - Städtische Bestattung (Hg.): Zur Geschichte der Friedhöfe in Wien, Bd. 1. Wien 1992, S. 33-35