Ottakringer Friedhof

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Schrägluftaufnahme vom Mai 1959.
Daten zum Objekt
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48° 12' 48.43" N, 16° 17' 43.40" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Ottakringer Friedhof (16., Gallitzinstraße 5). Der Friedhof ist 179.472 Quadratmeter groß und verfügt über rund 27.000 Grabstellen.

Geschichte

Sperre für Ortsfremde

Aus dem alten Pfarrfriedhof bei der ehemaligen Lambertkirche ging der Ottakringer Friedhof hervor. Dieser wurde des Öfteren für die Beerdigung von Ortsfremden gesperrt beziehungsweise mussten in solchen Fällen erhöhte Gebühren entrichtet werden. Denn bis zum Jahr 1829 wurden geringe beziehungsweise keine Gebühren verrechnet, weshalb ein hoher Andrang an ortsfremden Verstorbenen zu verzeichnen war. Eine 1864 beschlossene Friedhofsordnung sah für Ortsfremde eine Verdopplung der Gebühren vor. Seit der Eröffnung des Zentralfriedhofs 1874 häuften sich die Beisetzungen von Ortsfremden in Ottakring, da hier die Friedhofstaxen geringer ausfielen, weshalb am 13. November 1874 die Beisetzung ortsfremder Verstorbener amtlich untersagt wurde.

Innenraum der alten Aufbahrungshalle im Ottakringer Friedhof, August 1936.

Infrastrukturelle Arbeiten

Zudem waren laufende Investitionen in die Infrastruktur notwendig, unter anderem wurde das Areal ab 1835 fünfzehn Mal erweitert. Am 11. August 1863 erfolgte beim Bezirksamt Hernals der Antrag auf ein Leichenhaus mit einer Wohnung für den Totengräber, der am 11. November 1859 von der Gemeinde Ottakring angestellt wurde und den bisherigen, für Friedhofsangelegenheiten zuständigen Gemeindewächter ersetzen sollte. 1870 erfolgte die Entfernung des alten morschen Kreuzes und die Errichtung eines neuen gusseisernen Friedhofkreuzes auf Granitsockel. 1879 bewilligte die Gemeinde Ottakring die Einfriedung des bisher offenen Friedhofareals. 1885 erfolgte eine erneute Erweiterung und der Bau der Einsegnungskapelle, für beides nahm Erzbischof Cölestin Josef Ganglbauer die feierliche Weihe vor. 1903 beschloss der Gemeinderat den Ankauf von Grundstücken für den Bau eines Verwaltungsgebäudes, einer Einsegnungshalle und einer Leichenkammer, nach der Fertigstellung 1906 wurde die Leichenkammer am 29. Mai 1907 geweiht.

Plan der Leichenhalle und Einsegungskapelle, 1905

Die Toranlage des heutigen Hauptportals stammt aus dem Jahr 1935.

Plan über die Erweiterung im März 1905

Ansuchen der Gemeinde Neulerchenfeld

Ansuchen der Gemeinde Neulerchenfeld an die Gemeinde Ottakring zwischen den Jahren 1872 und 1886, den Ottakringer Friedhof mitbenützen beziehungsweise auf dem Gemeindegebiet einen eigenen Friedhof errichten zu dürfen, wurden viermal beziehungsweise zweimal abgelehnt. Erst per Bescheid am 28. April 1890 wurde der Erwerb eigener Grüfte und Gräber für Verstorbene aus Neulerchenfeld gestattet, jedoch nicht die Mitbenützung der kostengünstigen Schachtgräber. Gemäß Bestimmung des Jahres 1891 mussten Verstorbene aus der ehemaligen Gemeinde Neulerchenfeld am Zentralfriedhof beigesetzt werden, erst im März 1892 genehmigte der Stadtrat die Mitbenützung am Ottakringer Friedhof.

Gräbervergabe in der Monarchie und Zwischenkriegszeit

Der Stadtrat beschloss am 23. Juni 1911 hinsichtlich des geringen Belagsraumes, dass ab 1. Jänner 1912 nur noch die diesem Friedhof Zugewiesenen in Ottakring bestattet werden durften. Wegen der hohen Nachfrage wurde dieser Erlass revidiert und derart abgeändert, dass die Angehörigen künftig für ihre nichtzugewiesenen Verstorbenen den vierfachen Preis für den Erwerb eigener Gräber und Grüfte bezahlen müssten.

Mit 1. Jänner 1922 endete die Vergabe eigener Gräber in laufender Reihenfolge und die Verstorbenen wurden zur Beerdigung dem Südwestfriedhof zugewiesen. Jedoch war die Beisetzung in gemeinsamen Gräbern, die Vergabe heimgefallener Gräber, von Gräbern in besonderer Lage und von Grüften sowie die Beilegung von Verstorbenen "bis auf weiteres" gestattet. Ab 1929 und 1935 war die Vergabe eigener Gräber wieder möglich, da neue Anlagen für eigene Gräber errichtet wurden.

Gegen Ende des Ersten Weltkriegs waren den Friedhöfen in den ehemaligen Vororten Baumgarten, Ottakring und Hernals 33 Kriegsgefangene zugewiesen worden, die im Mai 1917 ihre Unterkunft im Männerheim Wurlitzergasse 89 bezogen.

Alte Aufbahrungshalle mit dem Eingangsportal zum Friedhof, August 1936.

Zweiter Weltkrieg und Besatzungszeit

Ab März 1943 war aufgrund der Erschöpfung des zur Verfügung stehenden Terrains nur noch die Vergabe heimgefallener Gräber möglich, obwohl der Friedhof von 1939 bis 1940 erweitert worden war; ab August 1943 konnten wegen Überbelegung keine eigenen Gräber mehr vergeben werden. Anfang Juni 1945 war auch der Belegraum für Schachtgräber erschöpft, weshalb bis auf Weiteres die Verstorbenen aus dem Wilhelminenspital am Zentralfriedhof beerdigt werden mussten, ebenfalls im Juni 1945 musste nach Erschöpfung der Reihengräber die Beisetzung der Verstorbenen aus dem 16. und 17. Bezirk am Zentralfriedhof angeordnet werden. Jedoch war die Vergabe neuer Urnengräber für die Bezirke 12 bis 19 ab November 1946 wieder möglich. Nach 1948 wurden 23 Angehörige der französischen Besatzungsmacht bestattet und 1951 in die französische Kriegsgräberanlage am Zentralfriedhof überführt.

Umbau der Aufbahrungshallen

Am 1. Dezember 1970 wurde der Friedhof in den Einsegnungsdienst der römisch-katholischen Kirche übergeben. Die Aufbahrungshalle 2 wurde von 1969 bis 1985 durch den Architekten Erich Boltenstern umgebaut und für die Benützung bei Erdbestattungen und Kremationsfeiern adaptiert. Gleichzeitig wurde der Zeremonienraum der Aufbahrungshalle 1 umgestaltet, das Altarkreuz schuf der Maler Hermann Bauch. Zur Erleichterung der im Totenabholdienst Beschäftigten der Städtischen Bestattung wurde in den Jahren 1989 bis 1990 im Bereich der Aufbahrungshalle 2 ein Aufzug für den Transport von Särgen errichtet.

Außenansicht der Aufbahrungshalle, August 1936
Glasfenster im Innenraum der alten Aufbahrungshalle, August 1936.

Prominentengräber

Auf dem Ottakringer Friedhof befinden sich die Grabmäler der Ottakringer Arbeiter Franz Schuhmeier (Bestattung 16. Februar 1913) und Albert Sever. An der Bestattung von Schuhmeier nahmen bis zu einer halben Million Trauergäste teil. Ferner befinden sich hier die Ehrengräber des Wienerliedsängers Hansl Schmid sowie des erschossenen Schlossergehilfen Franz Joachimsthalers und ein Grabdenkmal für die Opfer der Teuerungsdemonstration. Auf dem Friedhof fanden zudem auch viele Opfer der Februarkämpfe 1934 ihre letzte Ruhestätte.

Grabmal Albert Severs, 1948

Künstlerische Gestaltung

Hinter der alten Aufbahrungshalle mit der lateinischen Inschrift erstreckt sich eine endlos lange Gruftallee mit schönen Grabmälern den Gallitzinberg hinan. Der Friedhof wird geprägt von schlanken, hoch aufragenden Stelen der reichen verstorbenen Alt-Ottakringer Gewerbetreibenden im Stil des Klassizismus, das Mausoleum Gasser wurde in demselben Stil erbaut. Der Urnenhain erweckt Assoziationen des Bezirks als Arbeiterbezirk mit sozialdemokratischer Tradition. Von den ältesten Grabdenkmälern ist jedoch keines erhalten geblieben.

Grab von Hansl Schmid

Siehe auch: Ottakringer Friedhöfe, Ottakringer Pfarrfriedhof, Friedhöfe.

Bestattete Personen

Im Wien Geschichte Wiki gibt es 124 Einträge von Personen, die auf diesem Friedhof bestattet sind.

BildName des BildesPersonennameBerufBerufGeburtsdatumDatum der GeburtSterbedatumSterbedatumGrabstelle
Paul Badura-SkodaPianist6 Oktober 192725 September 2019Gruppe 9, Reihe 4, Nummer 10
Ferdinand BaldiaArchitekt
Stadtbaumeister
23 August 18608 Dezember 1936
Leo de BallAstronom23 November 185312 Dezember 1916Gruppe 15, Reihe 13, Nummer 1
Anton BinaJournalist4 November 19478 April 2007Gruppe 6, Reihe 25, Nummer 9
Ferdinand Blat17 Oktober 188812 Dezember 1934Gruppe 4, Nummer 523
Josef BohmannKommunalpolitiker10 Juni 190611 Dezember 1968Gruppe 6, Reihe 7, Nr. 14
Carl Bohuslawek4 März 18366 Oktober 1886Gruppe NK, Reihe 1, Nummer 1
Otto BrötzenbergerEisendrehergehilfe17 Januar 189117 September 1911Gruppe 13, Reihe 1, Nummer 1
Christine BustaSchriftstellerin23 April 19153 Dezember 1987Gruppe 3A, Reihe 4, Nummer 39
Theodorcharlemont.jpgTheodor CharlemontBildhauer1 Januar 185913 Oktober 1938
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Quellen

Literatur

  • Felix Czeike: XVI. Ottakring. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Wiener Bezirkskulturführer, 16), S. 10
  • Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Wien: Falter-Verlag 1988, S. 146f
  • Franz Knispel: Zur Geschichte der Friedhöfe in Wien. Wien: Wiener Stadtwerke - Städtische Bestattung 1992, Band 1, S. 200 ff.

Weblinks