Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke in Wien

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Papiersiegel auf dem Statut der Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke in Wien
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Stiftung
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1907
Datum bisDatum (oder Jahr) bis
Benannt nach Nathaniel Mayer Anselm Rothschild
Prominente Personen
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Die Gründung der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke wurde am 28. Februar 1907 verlautbart und laut Stiftbrief als "letztwillige Anordnung" des am 13. Juni 1905 verstorbenen Nathaniel Mayer Anselm von Rothschild ins Leben gerufen. Sie wurde 1939 von den Nationalsozialisten in ihrer Rechtspersönlichkeit aufgelöst und ihr Vermögen vom "Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände“ im Auftrag von Reichskommissar und Gauleiter Josef Bürckel beschlagnahmt. Die Liegenschaften und Immobilien wurden zum Zweck des Spitalsbetriebs an die Stadt Wien „eingewiesen“. Am 25. Juli 1956 wurde die Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung mit Beschluss der Wiener Landesregierung aufgrund des Wiener Stiftungs- und Fonds-Reorganisationsgesetzes vom 21. Oktober 1955[1] mit Bescheid der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 62 - Wahlen und verschiedene Rechtsangelegenheiten, Zl. Abt.-I/St-17/56 vom 25. Juli 1956 von Amts wegen in ihrer Rechtspersönlichkeit wiedererrichtet.

Errichtung der Stiftung

Büste des Stiftungsgründers Nathaniel von Rothschild in der Anstalt auf dem Rosenhügel

Der Gründer der Stiftung war Nathaniel Mayer Anselm Rothschild, laut Verlassenschaftsabhandlung „Hausbesitzer“, der im 68. Lebensjahr am 13. Juni 1905 verstarb. Er gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an, war ledig und hinterließ keine Kinder. Seine letzte Wohnadresse war 4., Theresianumgasse 14.[2] Am 3. Jänner 1900 verfasste Nathaniel Freiherr von Rothschild ein Testament. Darin setzte er seinen Bruder Albert Salomon Freiherrn von Rothschild als Universalerben „und im Falle seines Versterbens seine ehelichen, männlichen agnatischen Descendenten gleichfalls nach Stämmen“ ein. Im Artikel IV des Testaments verfügte Rothschild über eine „Wohltätigkeitsstiftung per 10 Millionen Gulden“,[3] die seinen Namen haben sollte und die „Versorgung jener unglücklichen Menschen im Auge“ haben sollte, „welche wegen chronischer oder unheilbarer Leiden erwerbsunfähig und mittellos sind und welche in Spitälern keine Aufnahme finden“ oder als nicht geheilt entlassen wurden.[4] Im 1. Kodizill vom 4. Februar 1900 verfügte Rothschild über eine Änderung dieses Artikels IV des Testaments, indem er die Errichtung einer nach ihm benannten Stiftung, ausgestattet mit einem Kapital von 20 Millionen Kronen, bestimmte. Das Kapital hatte "für immerwährende Zeiten intakt zu bleiben“. In einem Zeitrahmen von sechs Monaten nach seinem Tod müsse das Kapital „in guten Wertpapieren“ aus dem Nachlass zu „den Cursen“ seines Todestages beim Bankhaus S. M. von Rothschild in Wertpapieren angelegt werden. Aus den Zinserträgnissen waren nach „Maßgabe der zur Verfügung stehenden Summen“ Anstalten für Nervenkranke in Wien oder in der Nähe Wiens zu errichten. Diese sollten „nach dem Pavillonsystem“ für circa jeweils 50 Patienten ohne Unterschied der Konfession erbaut werden und an jedem Pavillon der Name des Stifters „ersichtlich“ sein.[5] Die Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke wurde am 28. Februar 1907 gegründet.[6]

Stiftungszweck

Der Stiftungszweck lautete laut Stiftbrief und Statut "Aufnahme von mittellosen Nervenleidenden". Im Stiftbrief ist genauestens beschrieben wie das Stiftungskapital einzusetzen war und dass nur Nervenkranke, aber keine "Epileptiker" und "Geisteskranke" und nur österreichische Staatsbürger "ohne Unterschied der Konfession" in die Anstalten aufgenommen werden dürfen. Die Anstalten mussten in Wien oder in der Nähe Wiens sein und über modernste Behandlungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Kranken verfügen.[7] In der Sitzung des Kuratoriums am 30. Jänner 1935 beantragte das Kuratoriumsmitglied Julius Wagner-Jauregg eine Änderung des Stiftbriefes: Ausgeschlossen von der Aufnahme waren "‘Geisteskranke‘, [...] die wegen ihres geistigen Zustandes über das durch die Hausordnung bestimmte Maß hinaus in ihren freien Bewegungen und Verfügungen und im Gebrauch ihrer bürgerlichen Rechte beschränkt werden müssen und unheilbare Epileptiker".[8]

Das Kuratorium der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke

Laut Statut, § 1 von 1907[9] bestand das Kuratorium aus zwölf Mitgliedern „und zwar aus: 1. Herrn Albert Freiherrn von Rothschild, beziehungsweise dessen Rechtsnachfolger als Vorsitzenden oder an ihrer statt einem von denselben auf Wunsch ernannten Stellvertreter; 2. acht von Herrn Albert Freiherrn von Rothschild, beziehungsweise dessen Rechtsnachfolger auf Widerruf ernannten Kuratoren, unter denen sich mindestens zwei Ärzte und ein technischer Sachverständiger befinden müssen. 3. drei Kuratoren, von denen je einer vom Herrn Statthalter von Niederösterreich, vom Herrn Landmarschall für Niederösterreich und vom Bürgermeister der Stadt Wien im Einvernehmen mit Herrn Albert Freiherrn von Rothschild beziehungsweise seinem Rechtsnachfolger zu ernennen ist“. Die Kuratoren mussten österreichische Staatsbürger sein, übten ihre Ämter als Ehrenämter aus, erhielten aber für besondere Aufgaben wie zum Beispiel Studienreisen eine Entschädigung und waren jeweils auf drei Jahre bestellt. 1907 waren unter diesen acht Mitgliedern fünf Ärzte, ein Architekt, ein Rechtsanwalt und ein Prokurist.[10]

Mitglieder des Kuratoriums 1907

Das Kuratorium 1923

Als Folge der Errichtung des Bundeslandes Wien 1922 fiel die stiftungsbehördliche Aufsicht an den Wiener Magistrat als Landesbehörde. Mit einem Schreiben der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Juni 1923 kam es zu einer Änderung bei der Stiftungsbehörde: „Von der niederösterreichischen Landesregierung, selbständiger Wirkungsbereich, als Stiftungsbehörde" wurde beurkundet, dass die Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke „nunmehr unter die stiftungsbehördliche Aufsicht des Wiener Magistrates als politischer Landesbehörde fällt.“[14]

Im Jahr 1923 bestand das Kuratorium aus zwölf Mitgliedern, die eine Funktionsdauer von drei Jahren hatten. Vorsitzender war Alphonse Mayer von Rothschild, * 15. Februar 1878 Wien, † 1. September 1942, Jurist, Vorsitzender des Kuratoriums, in dessen Einvernehmen weitere acht Mitglieder, ein Angehöriger der ehemaligen Niederösterreichischen Statthalterei, sowie zwei vom Bürgermeister der Stadt Wien ernannte Personen, zu dieser Zeit Julius Tandler und Obermagistratstrat Jakob Dont fungierten.

Mitglieder des Kuratoriums 1935

Situationsplan Rosenhügel, Architekten Helmer und Fellner (1910)
  • Alphonse Mayer von Rothschild, Jurist, * 15. Februar 1878 Wien, † 1. September 1942 in den USA.
  • Robert Breuer, * 1. Juli 1869 Wien, † 9. Februar 1936 Wien, Arzt, Internist.
  • Jakob Dont, * 29. Dezember 1864, † 5. Februar 1946 Wien), Jurist, Beamter, von der Stadt Wien entsandt.
  • Carl Fleischmann, * 30. März 1859 Bukowa, Dobisch, Böhmen, † 1941 Kew Gardens Richmond, England, Arzt, Gynäkologe.
  • Otto Fuchs (Jurist), * 12. Dezember 1875 Prag, Todesdatum nicht bekannt, Prokurist des Bankhauses S. M. Rothschild.
  • Max Wilhelm Kohler, * 27. August 1886 Wien, † 20. September 1966 Wien, Jurist.
  • Oskar Kopetzky, * 30. Dezember 1873 Wien, † 26. August 1963, Arzt, Stadtphysikus.
  • Mauritius Maria Koritschoner, * 3. August 1863 Wien, † 12. Juli 1941 Wien, Arzt, Laryngologe, Universitätsassistent.
  • Franz Krauss, * 14. Juni 1865 Wien, † 24. Februar 1942 Wien, Architekt.
  • Wilhelm Latzko, * 3. März 1863 Wien, † 12. Februar 1945 New York, USA, Arzt, Gynäkologe, Geburtshelfer.
  • Emil Wolf * 24. Juni 1864 Brünn, † 31.10.1942 KZ Theresienstadt, Jurist, Konsulent.
  • Julius Wagner-Jauregg, * 7. März 1857 Wels, † 25. September 1940 Wien, Arzt, Psychiater.

Mitglieder des Kuratoriums 1938

  • Alphonse Mayer von Rothschild, Vorsitzender bis 1938.
  • Jakob Dont, kein Nachweis für eine Mitgliedschaft beim Kuratorium 1938.
  • Carl (Karl) Fleischmann, quellenmäßig belegtes Mitglied und erster Vizepräsident des Kuratoriums der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke 1938; 1938 Flucht nach England.
  • Otto Fuchs, quellenmäßig belegtes Mitglied und Schatzmeister der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke 1938; 1939 Flucht nach Frankreich.
  • Max Kohler, kein Nachweis für eine Mitgliedschaft beim Kuratorium 1938.
  • Oskar Kopetzky, quellenmäßig belegtes Mitglied des Kuratoriums der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke 1938.
  • Mauritius Maria Koritschoner, kein Nachweis für eine Mitgliedschaft beim Kuratorium 1938.
  • Franz Krauss, Architekt
  • Wilhelm Latzko, quellenmäßig belegtes Mitglied und zweiter Vizepräsident des Kuratoriums der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke 1938; 1939 Flucht in die USA.
  • Julius Schnitzler, * 13. Juli 1865 Wien, † 29. Juni 1939 Wien, Arzt, Chirurg.
  • Julius Wagner-Jauregg, quellenmäßig belegtes Mitglied und nach Flucht Rothschilds Präsident des Kuratoriums der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke 1938.
  • Emil Wolf, kein Nachweis für eine Mitgliedschaft beim Kuratorium 1938.
  • Otto Pötzl, * 29. Oktober 1877 Wien, † 1. April 1962 Wien, Arzt, Neurologe, Psychiater, Nachfolger von Wagner Jauregg als Klinikvorstand der Psychiatrisch-Neurologischen Universitätsklinik in Wien, der 1938 als Vizepräsident fungierte.[15]

Die Liegenschaften der Stiftung

Fliegeraufnahme: Nervenheilanstalt Rosenhügel (ca. 1930)

Gemäß Stiftbrief wurden für Nervenkranke österreichische Staatsbürger zwei Heilanstalten errichtet:

Eigentumsverhältnisse: Auflösung, „Einweisung“ und Restitution

Nach dem „Anschluss“ ging es dem NS-Regime um eine möglichst rasche „Gleichschaltung“ österreichischer Institutionen, in deren Rahmen zahlreiche Stiftungen aufgelöst wurden. Die „Abwicklung“ der Freiherr von Rothschild‘schen Stiftung nimmt dabei keine gesonderte Stellung ein. Sie wurde vom Stillhaltekommissar definitiv nicht als „jüdische Stiftung“ eingestuft, weil ihre Widmung keine Zweckwidmung auf die jüdische Bevölkerung vorsah. Eine zentrale Rolle kam dabei der Dienststelle des Stillhaltekommissars, einer Abteilung im Amt des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, zu. Die konkreten Schritte geschahen in einem Aushandlungsprozess zwischen Stillhaltekommissar, Stadt Wien und Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten, der die Neuaufstellung des Wiener Gesundheitssystems zum Gegenstand hatte; eine wichtige Rolle spielte dabei Otto Reisch, Verantwortlicher für den Neuaufbau des Gesundheitswesens in Wien. Im Zuge der Neugestaltung der Wiener Stiftungen kam die Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung 1938 unter kommissarische Verwaltung und wurde mit Bescheid des Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten vom 5. Jänner 1939 aufgelöst. Danach erfolgte die Aneignung des Vermögens durch den Stillhaltekommissar, der die „Einweisung“ der Stiftungsanstalten in die Stadt Wien verfügte und das Wertpapiervermögen NSDAP und NS-Bürokratie zuwies.

Werbeprospekt zum Maria-Theresien-Schlössel mit Streichung des Stifternamens (1939)

Als Vermögen der Stiftung nennt der Auflösungsbescheid die Liegenschaften „im beiläufigen Werte von RM 3,869.440.-“ sowie Bargeld, Wertpapiere und Forderungen von zusammen „ungefähr RM 1,360.219.-“. Abzüglich der Schulden waren dies 5,210.090,- Reichsmark. Dieses Reinvermögen setzte sich aus drei Positionen zusammen: dem Vermögen der Stiftung (mit einem Anteil von 21 Prozent am Gesamtvermögen), dem anstaltseigenen Betriebskapital und dem Wert des Maria-Theresien-Schlössels (mit einem Anteil von 27 Prozent am Gesamtvermögen) sowie dem anstaltseigenen Betriebskapital und dem Wert der Anstalt Rosenhügel (mit einem Anteil von 52 Prozent am Gesamtvermögen). Im Akt der Vermögensentziehungsanmeldeverordnung vom 3. November 1946 wurden die Wertpapiere mit 1.048.796,82 Reichsmark bewertet und das Inventar mit 289.440,34 Reichsmark.[16]

Der Verkauf eines Areals der Liegenschaft 13., Riedelgasse 5

Dieses Areal (13., Riedelgasse 5, Katastralgemeinde Rosenberg, EZ 1, unter der neuen EZ 15) umfasste 67.000 Quadratmeter und wurde 1942 von der neuen Eigentümerin Stadt Wien an die Wien Film Ges.m.b.H um 373.000 Reichsmark verkauft und zudem erhielt die Stadt Wien 500.000 Reichsmark für die „Beeinträchtigung der städtischen Nervenheilanstalt Rosenhügel und die […] gärtnerische Umgestaltung“. Dadurch wurde das Stiftungsvermögen um diese Liegenschaft verringert.[17]

Die Wiederherstellung der Stiftung und der Rückstellungsvergleich 1956 bis 1962

Aufgrund des Wiener Stiftungs- und Fonds-Reorganisationsgesetzes vom 21. Oktober 1955 wurde die Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 25. Juli 1956 von Amts wegen in ihrer Rechtspersönlichkeit wiedererrichtet. Mit Bezug auf das Recht der Stiftungsbehörde zur Vornahme von Änderungen hinsichtlich der Organisation wurde die Stiftung "mangels eines bestehenden Stiftungsorgans" der Verwaltung den Wiener Magistrat unterstellt.[18] In der Folge stellte die Stiftung, vertreten durch die Magistratsabteilung 12, gegen die Gemeinde Wien, vertreten durch die Magistratsabteilung 65, einen Rückstellungsantrag auf die ihr entzogenen Liegenschaften, sowie auf Bargeld und Wertpapiere nach dem Dritten Rückstellungsgesetz.[19] Das Verfahren fand, nachdem sich Mitte 1962 auch die Rückstellungskommission eingeschaltet hatte, Ende 1962 durch einen Vergleich seinen Abschluss.

Die Option, auf das Rückstellungsverfahren zu verzichten, gab es nicht: Es war mit den Liegenschaften und Anstaltsgebäuden eindeutig identifizierbares Vermögen vorhanden, und dieses war im November 1946 von der Stadt Wien korrekt als entzogenes Vermögen angemeldet worden. Neben den Liegenschaften und Heilanstalten gab es zu diesem Zeitpunkt aber kein Vermögen, das eine Weiterführung des Anstaltsbetriebs erlaubt hätte. Im Zuge des Rückstellungsverfahrens stellte sich heraus, dass schon die „Einweisung“ der Stiftungsanstalten in die Stadt Wien nicht mit dem Transfer nennenswerter wertpapiergebundenen Stiftungskapitals verbunden gewesen war. Der Stadt waren im Wesentlichen die Heilanstalten und die Liegenschaften übertragen worden. Sie hatte die Anstalten seit 1939 betrieben und nach dem Zweiten Weltkrieg die Kosten des Wiederaufbaus übernommen. Von einer Gegenrechnung dieser Ausgaben wurde im Rahmen des Rückstellungsverfahrens angesichts ihres Ausmaßes und auch angesichts der Tatsache, dass es Einnahmen praktisch nicht gab, abgesehen.

Vonseiten der ehemals zur Vertretung der Stiftung Befugten gab es keine Anmeldung im Sinn der Vermögensentziehungsanmeldeverordnung. Auch Mitglieder der Familie Rothschild, denen allerdings die Aktivlegitimation gefehlt hätte, erhoben gegenüber der Stadt Wien keine wie immer gearteten Ansprüche.

Die beiden Parteien schlossen erst am 21. November 1962 folgenden Rückstellungsvergleich:

  • Die beiden Liegenschaften 13., Riedelgasse 5, Katastralgemeinde Rosenberg, EZ 1, und 19., Hofzeile 18-20, Katastralgemeinde Oberdöbling, EZ 181 wurden mit Ausnahme des Areals der Wien Film Ges.m.b.H an die Nathaniel Freiherr von Rothschild‘schen Stiftung für Nervenkranke zurückgestellt, blieben weiter in Benützung der Stadt Wien und der Stadt Wien wurde ein Vorkaufsrecht grundbücherlich einverleibt.
  • Die Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung verzichtete auf die „Herausgabe von Erträgnissen“.
  • Die Stadt Wien verzichtete auf den „Ersatz der Aufwendungen für die ordentliche Bewirtschaftung und Erhaltung der Anstalten“.
  • Das gesamte Inventar der beiden Heilanstalten verblieb im Eigentum der Stadt Wien.
  • Für die „Wertminderung“ des der Wien Film Ges.m.b.H. verkauften Areals im Ausmaß von 67.000 Quadratmeter und den Vermögensentzug der Wertpapiere und von Bargeld in Aufrechnung des Verzichts auf den Ersatz von Aufwendungen zahlte die Stadt Wien an die Stiftung 500.000,00 Schilling.[20]

Als Ergebnis des Rückstellungsverfahrens war die Stiftung wieder Eigentümerin der Liegenschaften und erhielt darüber hinaus für den von der Stadt Wien 1942 an die Wien-Film verkauften Liegenschaftsteil auf dem Rosenhügel sowie für in der NS-Zeit entzogenen Wertpapiere einen Pauschalbetrag von 500.000,- Schilling.

Forschungsbericht der Expertinnen- und Expertenkommission 2021

Zur Geschichte der Stiftung und der beiden Anstalten wurde eine unabhängige Kommission aus Expertinnen und Experten aus den Bereichen Recht und (Zeit-)Geschichte zusammensetzt, die auch das Rückstellungsverfahren eingehend behandelt. Der Bericht: Geschichte der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke von ihrer Errichtung bis zu ihrer Reorganisation in der Nachkriegszeit. Erstellt im Auftrag der Geschäftsgruppen Soziales, Gesundheit und Sport (Stadtrat Peter Hacker) sowie Kultur und Wissenschaft (Stadträtin Veronica Kaup-Hasler. Wien 2021) wurde im September 2021 abgeschlossen und am 18. November 2021 der Öffentlichkeit präsentiert.

Die Stiftung nach dem Rückstellungsvergleich

Seit 1981 hat ein vom Gericht bestellter Kurator die Interessen der Begünstigten der Stiftung zu wahren.[21]

Am 31. Mai 2017 wurde eine Satzungsänderung stiftungsrechtlich genehmigt.[22]

Forschungsbericht der Expertinnen- und Expertenkommission 2021 (mit weiterführender Literatur und Quellen)

Quellen

  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stiftungen, A1: 311: Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung
  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, Landesgericht für Zivilrechtssachen, A29: Rk 183/1962
  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 101, A14, Klagen: 2R 45/1981
  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A41: 13. Bezirk, Zahl 116
  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv - Akten, A1: 571/29
  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A11: A 34/1911
  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stiftungen, A1 Magistrat: Stiftbriefe, Stiftungsurkunden: 178
  • Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, BKA Stillhaltekommissar (Stiftungen und Fonds) A-W 1-586 Mappe erledigter Akten Niederdonau, Amt des Reichsstatthalters in Österreich A.E. 358/A/1938 Schachtel 7713
  • Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, BKA Stiftungen und Fonds, Schachtel 5421, Zl. II/4-137.142/39

Literatur

  • Roman Sandgruber: Rothschild. Glanz und Untergang des Wiener Welthauses.Wien/Graz Klagenfurt: Molden Verlag 2018
  • Verena Pawlowsky, Edith Leisch-Prost, Christian Klösch: Vereine im Nationalsozialismus (Österreichische Historikerkommission, 21/1)
  • Shoshana Duizend-Jensen: Jüdische Gemeinden, Vereine, Stiftungen und Fonds. „Arisierung“ und Restitution (Österreichische Historikerkommission, 21/2)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Landesgesetzblatt Nr. 19 für Wien, Jg. 1955, ausgegeben 22. November 1955, 13. Stück.
  2. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A11: A 34/1911, Todfallsaufnahme (siehe auch Verlassenschaftsabhandlung).
  3. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A11: A 34/1911, Testament.
  4. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A11: A 34/1911, Schreiben Dr. Adolf Stein an das K.k. Landesgericht Wien, Abteilung XXX, eingelangt am 24. Juni 1905.
  5. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A11: A 34/1911, I. Kodizill.
  6. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv - Akten, A1: 571/29.
  7. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv - Akten, A1: 571/29.
  8. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stiftungen, A1: 78, und Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv - Akten, A1: 571/29.
  9. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stiftungen, A1: 311: Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung.
  10. Ruth Koblizek / Gernot Schnaberth: 50 Jahre Schlaganfallzentrum Rosenhügel. 90 Jahre Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke in Wien. Wien 2002, S. 28.
  11. Wikipedia: Josef Breuer [Stand: 29.02.2020].
  12. Stiedry geni.com: Philipp Stiedry.
  13. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, BKA Stillhaltekommissar (Stiftungen und Fonds) A-W 1-586 Mappe erledigter Akten Niederdonau, Amt des Reichsstatthalters in Österreich A.E. 358/A/1938 Schachtel 7713, und Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stiftungen, A1: 311: Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung.
  14. Niederösterreichisches Landesarchiv, Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke, Zl. Va 1223/90/ 1920.
  15. Wikipedia Otto Pötzl [Stand: 10.02.2020].
  16. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A41: 13. Bezirk, Zahl 116.
  17. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stiftungen, A1: 311: Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung.
  18. Bescheid der Magistratsabteilung 62, MA 62 I/St.17/1956, zitiert im Schreiben der Magistratsdirektion - Zivil- und Strafrechtsangelegenheiten an die Magistratsdirektion - Präsidialbüro vom 24. Februar 1982, Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 101, A14 - Klagen: 2R 45/1981 mit Verweis auf § 3 Wiener Stiftungs- und Fonds-Reorganisationsgesetzes vom 21. Oktober 1955, LGBl. 1955/13.
  19. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Landesgericht für Zivilrechtssachen, A29: Rk 183/62, darin 2Rk 156/56-1: Antrag der Nathaniel Freiherr von Rothschild’schen Stiftung für Nervenkranke, eingelangt bei der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien am 27. Juli 1956.
  20. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Landesgericht für Zivilrechtssachen, A29: Rk 183/62-22: Verhandlungsprotokoll der mündlichen Verhandlung mit Entwurf zu einem Vergleich.
  21. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 101, A14 - Klagen: 2R 45/1981.
  22. Stadt Wien: Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke.