Währinger Allgemeiner Friedhof
48° 13' 55.32" N, 16° 20' 53.93" E zur Karte im Wien Kulturgut
Währinger Allgemeiner Friedhof (18., Gymnasiumstraße, Mollgasse, Semperstraße, Philippovichgasse) war einer der fünf im Jahr 1784 außerhalb des Linienwalls eröffneten Kommunalfriedhöfe, nachdem Kaiser Joseph II. ein Verbot für die Beisetzung in Kirchen und innerstädtischen Friedhöfen erlassen hatte. Im Jahr 1848 wurden die vier nach der Niederschlagung der Revolution standrechtlich Erschossenen hier beigesetzt, darunter auch Robert Blum, an sie erinnert ein Gedenkstein. Die Kommunalfriedhöfe wurden mit der Eröffnung des Zentralfriedhofs 1874 gesperrt und geschlossen sowie in den 1920er-Jahren in Parkanlagen umgewandelt. Der ehemalige Friedhof besteht seit 1923 als Währinger Park, eine Besonderheit ist der Grabmalhain.
Geschichte
Anlegung des Friedhofs
Der Währinger Allgemeine Friedhof war einer der fünf Kommunalfriedhöfe, die 1784 von Joseph II. vor dem Linienwall eingerichtet wurden. In diesem Friedhof wurden von 1783 bis 1874 die Toten aus den Pfarren Schotten und Lichtental, Alservorstadt sowie aus dem (Alten) Allgemeinen Krankenhaus und dem Garnisonsspital I beigesetzt. Jährlich fanden hier 3000 bis 4000 Menschen ihre letzte Ruhestätte, die meisten kamen tatsächlich aus dem AKH. Bis zur Eröffnung des Zentralfriedhofs war er der größte Friedhofs Wien. Im Vergleich zum Währinger Ortsfriedhof wurden hier zwanzigmal so viele Begräbnisse durchgeführt. In direkter Nachbarschaft befand sich der Israelitischer Friedhof.
Grab der 1848-Revolutionäre
Die vier im November 1848 standrechtlich erschossenen Teilnehmer der Revolution, Robert Blum, Cäsar Wenzel Messenhauser, Hermann Jellinek und Alfred Julius Becher, wurden auf diesem Friedhof in Schachtgräbern beigesetzt. Hinweise über die genaue Verortung des Grabs liefert das Schachtenprotokoll des Friedhofs. Laut Recherchen Julius Tandlers wurden die Leichen später in einem Einzelgrab zusammengefasst.
Erweiterungen
Der Friedhof wurde mehrmals erweitert, die bedeutendsten Vergrößerungen fanden 1854 und 1872 statt, ebenso musste die Wohnung des Totengräbers 1854 und 1861 vergrößert werden. Auf einem Plan des Stadtbauamts von 1852 ist die Berechnung der von den Grundherren (Barnabitenkollegium und Alois von Liechtenstein) abzulösenden Flächen zur Erweiterung ersichtlich. Im Rahmen der Erweiterung des Jahres 1872 gewährte der Wiener Gemeinderat der Gemeinde Währing die Beisetzung auf dem Kommunalfriedhof. Jedoch wurde die Belegung der Gräber auf diesem Friedhof miteinkalkuliert, woraufhin der Hundsturmer Friedhof als Ersatz auserwählt wurde.
Sperre und Auflassung des Friedhofs
Per Magistratsbeschluss vom 10. Oktober 1874 wurde die Schließung der Kommunalfriedhöfe kundgemacht und die Niederösterreichische Statthalterei entschied am 22. Dezember 1874, dass die weitere Beerdigung in die eigenen Gräber der Kommunalfriedhöfe im Interesse der Hygiene nicht gestattet werden konnte. Am Tag der Eröffnung des Zentralfriedhofs am 1. November 1874 wurde dieser Friedhof für einfache Beerdigungen gesperrt, Grüfte durften jedoch noch bis 31. Oktober 1879 belegt werden. Im August 1894 beschloss der Stadtrat die gänzliche Auflassung des Friedhofs, zur allfälligen Exhumierung der Beigesetzten sowie zur Abräumung von Kränzen und Grabdenkmälern wurde eine Frist bis 1. Juli 1897 fixiert; 1897 wurde eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit beschlossen.
Im Jänner 1898 wandten sich die Unbeschuhten Karmeliter an den Stadtrat mit dem Anliegen über die Überlassung eines Grundes des Währinger Friedhofs zum Zweck der Erbauung einer Kirche und eines Klosters, dieser war außerstande, einen endgültigen Beschluss über die Verbauung dieses Areals zu fassen. Die Unbeschuhten Karmeliter errichteten schließlich ihre Kirche in der Silbergasse 35 in Unterdöbling.
Der Gemeinderat beschloss am 30. September 1898 die Erhaltung der Kommunalfriedhöfe und deren Umwandlung in Parkanlagen. In den folgenden Jahren wurden Teile des Friedhofs abgeräumt, um Straßenzüge über das Areal anzulegen, unter anderem um die Stadtbahnhaltestelle "Nußdorfer Straße" mit der Gymnasiumstraße zu verbinden. 1923 erfolgte die Genehmigung der für die Umwandlung zur Parkanlage notwendigen Arbeiten, unter anderem wurde die Abräumung der restlichen vorhandenen Grabsteine vollzogen.
Währinger Park
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Friedhof zum Währinger Park umgestaltet (Friedhofsaktion). Als Planer fungierte der Stadtgartendirektor Friedrich Kratochwjle. Am 12. Oktober 1923 wurde der rund 48.299 Quadratmeter umfassende Park als erste Parkanlage, die auf einem ehemaligen Friedhof angelegt wurde, unter großer Publikumsbeteiligung von Bürgermeister Jakob Reumann eröffnet, der dabei auch eine Eiche pflanzte, woran ein Gedenkstein erinnert ("Diese Eiche wurde am 12. Oktober 1923 dem Tage der Eröffnung des Währinger Parkes vom Bürgermeister Jakob Reumann gepflanzt").
Gräberhain
Nach der Auflassung des Friedhofs wurden die historisch oder kulturgeschichtlich interessanten beziehungsweise wichtigsten 58 Grabdenkmäler berühmter Persönlichkeiten in einem umzäunten Gräberhain im nordöstlichen Teil der Parkanlage nahe an der Kreuzung Semperstraße/Schrottenbachgasse zusammengefasst. Dabei wurden die Überreste der exhumierten Personen 1923 unter ihren Grabsteinen wieder beerdigt. Unter anderem finden sich hier die Gräber des Philosophen und Politikers Friedrich von Gentz, des Architekten Paul Wilhelm Eduard Sprenger, des Komponisten Adalbert Gyrowetz, des Theaterdirektors Joseph Schreyvogel (jetzt Kenotaph) und eines seiner Vorgänger Franz Ignaz Holbein von Holbeinsberg sowie des Opernsängers Franz Wild.
18., Währinger Park, Gräberhain; Grabstein von Friedrich Gentz, um 1925
18., Währinger Park - Grabmalhain; Grabstein von Paul Sprenger, um 1926
Siehe auch: Währinger Friedhöfe, Währinger Ortsfriedhof (1400-1769), Währinger Ortsfriedhof, Währinger Park.
Bestattete Personen
Im Wien Geschichte Wiki gibt es 35 Einträge von Personen, die auf diesem Friedhof bestattet sind.
BildName des Bildes | Personenname | BerufBeruf | GeburtsdatumDatum der Geburt | SterbedatumSterbedatum | Grabstelle |
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Johann Nepomuk Freiherr von Aichen | Beamter Schriftsteller | 8 September 1783 | 22 August 1858 | ||
Alfred Julius Becher | Politiker Komponist Musikkritiker | 27 April 1803 | 23 November 1848 | ||
Anton Behsel | Bauinspektor Kartograph | 15 Juli 1781 | 27 Oktober 1838 | ||
Johann Baptist Bergopzoomer | Schauspieler Theaterdirektor Bühnenautor | 9 September 1742 | 12 Januar 1804 | ||
Robert Blum (Politiker) | Politiker Journalist | 10 November 1807 | 9 November 1848 | ||
Johann Lukas Boër | Geburtshelfer | 20 April 1751 | 19 Januar 1835 | ||
Carl Alois Braulik | Polizeibeamter | 1778 | 16 August 1832 | ||
Henriette Dauer | Schauspielerin | 1758 | 16 März 1843 | ||
Karl Moriz Diesing | Helminthologe Algologe | 16 Juni 1800 | 10 Januar 1867 | Grabmalhain Währinger Park, Nummer 21 | |
Dorothea von Ertmann | Pianistin | 3 Mai 1789 | 16 März 1849 | Gräberhain Währinger Park | |
… weitere Ergebnisse |
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Friedhofsbücher und Sterbeverzeichnisse, 7 - Währinger Kommunalfriedhof
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Friedhofsbücher und Sterbeverzeichnisse, 1801 - Währing, Totenprotokoll
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P3/5: 101851 (3.2.1.1) - Projektierte Erweiterung des Währinger Kommunalfriedhofes | 1852
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P3/4.102721 - 18., Währinger Friedhof: Wohnung des Totengräbers | 1854
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P3/5: 105407 - 18., Währinger Friedhof | 1854
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P3/5: 105408 - 18., Währinger Friedhof | 1854
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P3/4.107319 - 18., Währinger Park: Währinger Allgemeiner Friedhof | 1858
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P3/4.118952 - 18., Währinger Friedhof, Leichenkammer | 1910
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne aus dem Bestand M.Abt. 213a, P1 - Wiener Friedhöfe: 12074 - Friedhof Währing, 1914
Literatur
- Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Währing. Vom Ganserlberg zum Schafberg. Wien: Mohl 1989, S. 186 ff., 219
- Franz Knispel: Zur Geschichte der Friedhöfe in Wien. Wien: Wiener Stadtwerke - Städtische Bestattung 1992, Band 2, S. 140 ff.
- Hans Pemmer: Der Gräberhain im Währingerpark. In: Amtsblatt 88/1949
- Das neue Wien. Städtewerk. Hg. unter offizieller Mitwirkung der Gemeinde Wien. Band 3 Wien: Elbemühl 1926-1928, S. 26
- Währing. Ein Heimatbuch des 18. Wiener Gemeindebezirks. Wien: Selbstverlag Währinger Heimatkunde 1923-1925, S. 611 ff.