Liesinger Brauerei

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Werbeplakat der Liesinger Brauerei, 1951
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Brauerei
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1839
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1974
Benannt nach Liesing
Prominente Personen Johann Georg Held, Theodor Löwenthal, Moritz Faber (Industrieller)
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  16577
GNDGemeindsame Normdatei
WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Bier, Brauhäuser, Langes 19. Jahrhundert, Zwischenkriegszeit, Zweiter Weltkrieg, 1945 bis heute
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 24.09.2024 durch WIEN1.lanm08trj
BildnameName des Bildes Liesinger Bier.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Werbeplakat der Liesinger Brauerei, 1951
  • 23., Breitenfurter Straße 372-380

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48° 8' 17.06" N, 16° 16' 36.36" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die Liesinger Brauerei (23, Breitenfurter Straße 372-380) war eine Bierbrauerei in Liesing. Sie wurde von Johann Georg Held (1796-1850) im Jahr 1839 begründet und war bis 1974 in Betrieb.

Inhalt:
  1. Gründung durch Johann Georg Held
  2. Expansion und Blütezeit
  3. Ära Familie Miller zu Aichholz
  4. Übernahme die Brau AG
  5. Ende
  6. Siehe auch
  7. Quellen
  8. Literatur
  9. Referenzen

Gründung durch Johann Georg Held

Die Mutter von Johann Georg Held hatte schon 1803 ein Haus am Fuße des sogenannten "Steinmaßls" (eines Berghangs zwischen Breitenfurter Straße und Rudolf-Waisenhorn-Gasse) samt dem dortigen (1722 erbauten) Felsenkeller von der Besitzerin der Grundherrschaft Liesing Josepha Gräfin von Breuner erworben. Obwohl diese Keller ursprünglich für die Lagerung von Wein vorgesehen waren, verwendete sie Johann Georg Held bald für seine Brauerei, die er gegen den Widerstand der Brauer-Zunft 1839 eröffnen konnte. Die Zunft war anfangs gegen die Errichtung dieser Brauerei, weil in unmittelbarer Nähe auf dem Schellenhof (Brauerei Schellenhof), in Brunn (Brunner Brauhaus) und in Perchtoldsdorf (Perchtoldsdorfer Brauhaus) bereits gebraut wurde.

Johann Georg Held (1769-1850)

Johann Georg Helds „Oberliesinger Felsenkeller-Bräu“ war rasch ein großer Erfolg. Daran anknüpfend braute er ab Ende der 1840er Jahre das sogenannte "Kaiserbier". Da die Südbahn ab 1841 durch Liesing fuhr, kamen auch die Wiener in seine Brauerei. Der zügige Ausbau, der durch das rasche Aufblühen des Unternehmens notwendig war, bedurfte aber neuer Finanzierungsquellen. 1843 trat Theodor Löwenthal und 1845 Moritz Faber senior als Gesellschafter in den Betrieb ein.

Liesinger Brauerei (Biersorten Abzugbier, Kaiserbier, Lagerbier, Märzenbier)

WSTLA KS Bezirksamt Hietzing P1 20053.jpg
Situationsplan des Liesinger Brauhauses mit den beiderseits der Breitenfurter Straße liegenden Objekten, 1838

Expansion und Blütezeit

Als Johann Georg Held 1850 starb, wurde die Firma unter der Bezeichnung "Löwenthal & Faber" weitergeführt und Helds Erben ausbezahlt. In der Literatur kursiert die Geschichte, wonach Held in seinem Testament festgelegt habe, dass das Bierbrauen sofort nach seinem Tod einzustellen sei, was Löwenthal und Faber ignoriert haben sollen. Da dieses Testament jedoch noch vor ihrem Einstieg in den Betrieb verfasst wurde, waren die neuen Mehrheitseigentümer in keiner Weise an diese Bestimmung gebunden.[1]

Liesinger Brauerei, Ansicht des Fabrikgeländes

1855 übernahm Moritz Faber seniors gleichnahmiger Sohn Moritz Faber junior, der nach der Heirat mit Marie Löwenthal auch Theodor Löwenthals Schwiegersohn war, die Leitung des Unternehmens. Er baute in rascher Folge die Mälzereien und die großen Kelleranlagen aus, beschaffte maschinelle Einrichtungen und dehnte das Absatzgebiet über Niederösterreich und die angrenzenden Teile Ungarns aus.

1872 wurde die Firma in die „Aktien-Gesellschaft der Liesinger Brauerei“ umgewandelt. Dabei führte die Österreichische Hypothekar-Rentenbank eine halbe Million Gulden an frischem Kapital zu, was aber von einigen Schwierigkeiten begleitet war. Diese erst kurz zuvor gegründete Bank gehörte zu jener großen Gruppe an Instituten, die vor allem eine rasche Vermögensvermehrung durch Spekulationen zum Ziel hatte und die bereits drei Jahre später, nach dem großen Börsenkrach 1873, wieder in der Versenkung verschwand. 1872 führte sie eine Subskription von 40.000 der insgesamt 60.000 Aktien à 100 Gulden durch, die sie an drei Maklerbanken weitergab, was aber mit einem ungeordneten Disaster endete.[2] Ab 1873 wurde mit der Creditanstalt für Handel und Gewerbe zusammengearbeitet, die das Aktienkapital durch Rückkäufe von 6 auf 4,5 Millionen Gulden reduzierte, die auf 45.000 Aktien à 100 Gulden aufgeteilt war. Dadurch war eine jährliche Dividende von 4 bis 7 Prozent möglich. Die Creditanstalt wurde ein erfolgreicher Finanzpartner für die folgenden Jahrzehnte.

Gründeraktie der Actiengesellschaft der Liesinger Bräuerei, 1872

Wie Anton Dreher der Jüngere war Faber in den anderen Kronländern der Monarchie mit Bierdepots vertreten und das Bier wurde nicht nur nach Westeuropa, sondern über Alexandria, Beirut und Istanbul in viele afrikanische und asiatische Länder geliefert. 1882 wurde ein Anschlussgleis an die Südbahn und besondere Lokomotiven und Waggons für die Werksbahn teilweise auch als Pferdeschleppbahn gebaut. Es wurden zwei Auslandsbrauereien in Russland gegründet: die Brauerei "Vienna" in St. Petersburg und die Großbrauerei "Siguli" in Samara, die noch immer besteht. Faber verpachtete auch in Wien zwei großen Liesinger-Bierhallen in der Schottengasse und im Volksprater. Er war neben Anton Dreher (Schwechater Brauerei) und Adolf Ignaz Mautner Markhof (Brauerei St. Marx) als Besitzer der drittgrößte Wiener Brauerei der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei der Weltausstellung 1873 mit einem eigenen Pavillon vertreten.

Moritz Faber war auch ein Pionier der Kühlung. 1883 stellte er das größte damals existierende Kühlaggregat von Carl von Linde auf und war kurz darauf maßgeblich daran beteiligt, dass es einem Mitarbeiter von Linde, Karl Hempel, gelang, erstmals kristallklares Kunsteis zu erzeugen. Damit konnten viele der bestehenden Herausforderungen bei der Kühlung des Bieres endgültig gelöst werden. [3] Faber ließ daraufhin in der Brigittenau die Wiener Krystall-Eis-Fabrik errichten.

Ab 1898 wurde nach Plänen von Ferdinand Fellner und Hermann Helmer die bis heute bestehende Brauhausrestauration mit ihrem charakteristischen Turm gebaut. Der Festsaal, der 6.000 Menschen fasste, etablierte sich jahrelang als das Zentrum des gesellschaftlichen Leben Liesings. 1900-1914 entstanden Wohnhäuser für Brauereiarbeiter und -beamte (23., Haeckelstraße 31-33, Lehmanngasse 29-31).

Liesinger Brauerei mit Restaurant, 1929

Ära Familie Miller zu Aichholz

Vinzenz Miller zu Aichholz hatte bei der Rechtsumwandlung der Brauerei 1872 bereits ein großes Aktienpaket erworben und wechselte sich mit Faber auf dem Posten des Verwaltungsrats-Präsidenten ab. Als er 1913 starb, traten seine Söhne August und Heinrich Miller zu Aichholz an seine Stelle. Nach dem Tod von Moritz Faber junior 1921 ging die Aktienmehrheit endgültig auf die Familie Miller zu Aichholz über. Heinrich Miller zu Aichholz wurde Präsident des Verwaltungsrates.

Während am Vorabend des Ersten Weltkriegs die Produktion zwischen 300.000 und 400.000 Hektoliter pro Jahr schwankte, zwang der Rohstoffmangel in den Kriegsjahren zu einer großen Betriebseinschränkung. Die Kriegs- und Nachkriegsjahre waren für Liesing wie für die gesamte österreichische Brauwirtschaft eine Katastrophe. Der jährliche Absatz sank 1917 auf knapp 23.000 Hektoliter und erst 1925 konnten wieder über 220.000 Hektoliter gebraut werden, was aber auch wiederum nur zwei Drittel der Vorkriegsproduktion entsprachen. Dabei hatte in der Region ein Brauereisterben eingesetzt, dem das Mödlinger Brauhaus (1885), das Perchtoldsdorfer Brauhaus (1902) und die Brauerei Schellenhof (1926) durch Stilllegung sowie die Brauerei in Wiener Neudorf (Fusion 1926 mit Liesing) und das Brunner Brauhaus (Fusion 1930 bereits mit der Brau AG) zum Opfer fielen.

Liesinger Brauerei, Fotografie von Kurt Gerlach.

Das Aktienkapital der Liesinger Brauerei war 1924 auf inflationsbedingte 200 Millionen Kronen angewachsen, so dass die 100.000 Aktien einen Wert von 2000 Kronen hatten. Mit der Einführung des Schilling wurde das Aktienkapital auf 5 Millionen Schilling umgerechnet, so dass der Wert der Aktie 50 Schilling betrug. Auf heutiges Preisniveau umgerechnet heißt das, dass der Börsewert der Brauerei gegenüber der Vorkriegszeit von 54 Mio. Euro auf 20 Millionen Euro gesunken war. Die Aktien notierten bei der Börse bei rund 80 Schilling, weil die Dividende aus Vorsichtsgründen nur etwas über 4 % betrug.

Übernahme durch die Brau AG

Im Jahr 1927 endete mit dem Ausscheiden von Heinrich Miller-Aichholz auch das Engagement dieser Familie in der Liesinger Brauerei, weil ihr Unternehmenskonzern in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war.[4]. Sie musste ihren Aktienanteil an die Bodencreditanstalt verkaufen, die auch den Vorsitz im Verwaltungsrat übernahm.

Wenige Monate später entschied sich die Bodencreditanstalt für eine Fusion mit der Österreichischen Brau-AG bzw. der Brau Bank unter deren Präsidenten Dr. Ferdinand Falkensammer. In diesen Jahren hatten die Banken nicht nur in Linz, sondern auch in Wien, Göss und Graz längst das Ruder in der gesamten Brauwirtschaft übernommen.[5]

Mit dieser Fusion wurde die Konzentrationswelle in der Wiener Brauwirtschaft beendet. Innerhalb von zwei Jahren verloren vier der zehn größten Wiener Brauereien durch maßgebliche Mitwirkung der Banken ihre Selbständigkeit und auch die größte Brauerei Österreichs, die Vereinigten Brauereien, waren unter den Mehrheitsbesitz von Banken gekommen.

Ende

Die Brau AG bemühte sich nach der Übernahme (Liesinger Bier blieb als eigenständige Marke erhalten) die Brauereianlagen auf einen modernen Standard zu bringen. Dieses Bemühen endete aber abrupt 1930 mit Einsetzen der Wirtschaftskrise. Die Produktionszahlen sankgen wiederum und konnten auch nach dem Zweiten Weltkrieg nur langsam wieder gesteigert werden. 1945 konnte mit Unterstützung der sowjetischen Besatzungsmacht rasch wieder mit dem Brauen begonnen werden. Die Spitzenwerte der Jahre vor dem Ersten Weltkrieg wurden allerdings auch nach 1945 nie mehr erreicht, obwohl mit der Braukapazität der Liesinger Brauerei der Bierbedarf von ganz Wien gedeckt hätte werden können.

Im Zuge der Modernisierung wurde 1966–68 der sogenannte „Brau-AG-Turm“ von der Firma Mayreder errichtet. Er war 72 Meter hoch und konnte als Silo 22.000 Tonnen Gerste aufnehmen. Er wurde 1968 in Betrieb genommen und bis zu seinem Abriss im Juni 2006 allgemein als architektonischer Schandfleck bezeichnet.

Luftbild der Liesinger Brauerei mit „Brau-AG-Turm“ und Aquädukt der Ersten Hochquellenleitung, 1968

1974 stellte die Brau AG die Bierproduktion in Liesing ein. Danach begann man mit dem Abbruch der Brauereigebäude. So wurden 1976 das Sudhaus und 1990 das Kesselhaus und der letzte große Schornstein abgetragen. 1999 wurde auch die Malzproduktion eingestellt. Nach einem Großbrand im Jahre 2005 wurden die restlichen Gebäude und auch das einzige Wiener Brauereimuseum abgetragen. Viele Ausstellungsstücke dieses Museums wurden in der Schwechater Brauerei und im Bezirksmuseum Liesing ausgestellt, die meisten gingen jedoch verloren. In den Jahren 2008 bis 2012 wurden auf diesem Gelände Wohnhäuser sowie das Einkaufszentrum Riverside errichtet. Das Restaurationsgebäude ist als Geschäftshaus zumindest in seinem äußeren Erscheinungsbild weitgehend erhalten geblieben.

Siehe auch

Quellen

Literatur

  • Die Börse 6.10.1927
  • Gemeindezeitung 5.6.1872
  • 100 Jahre Brauerei Liesing 1883-1938. Eigenverlag der Brauerei Liesing 1938
  • Alfred Paleczny: Die Wiener Brauherren. Das goldene Bierjahrhundert. Wien: Löcker Verlag 2014
  • Ferdinand Opll: XXIII. Liesing. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Wiener Bezirkskulturführer, 23), S. 20 ff.
  • Ferdinand Opll: Liesing. Geschichte des 23. Wiener Gemeindebezirkes und seiner alten Orte. Wien: Jugend & Volk 1982 (Wiener Heimatkunde, 23)
  • Ferdinand Opll: Jubiläen am Stadtrand ... 150 J. Brauerei Liesing. In: Wiener Geschichtsblätter 43 (1988), S. 129 ff.
  • Ferdinand Opll / Heide Liebhart: Bach – Dorf – Stadt – Bezirk. 1000 Jahre Liesing. Wiener Geschichtsblätter Beiheft 5/2002
  • Josef Roskosny: Liesing. Ein junger Bezirk mit Vergangenheit. Wien: Mohl 1979
  • Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Böhlau Verlag: Wien-Köln-Weimar 2017, S. 239-250
  • Christian Springer: Historische Brauerei-Topographie Wien. Die Brauereien auf dem Gebiet des heutigen Stadtgebietes. Wien 2023
  • Der Tag 16.10.1927
  • Wiener Handelsblatt 1.6.1872
  • Constantin von Wurzbach: Held, Johann Georg. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 8. Theil. Wien: Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei 1862

Referenzen

  1. 100 Jahre Brauerei Liesing 1883-1938.
  2. Wiener Handelsblatt 1.6.1872; Gemeindezeitung 5.6.1872.
  3. Alfred Paleczny: Die Wiener Brauherren. Das goldene Bierjahrhundert. Wien: Löcker Verlag 2014, S. 176-177.
  4. Die Börse 6.10.1927, S. 5-7, Der Tag 16.10.1927, S. 15.
  5. Die Börse 6.10.1927, 5-7, Der Tag 16.10.1927, 15.