Definition
Nach § 7f der Wiener Bauordnung werden Häuser als Hochhäuser definiert, wenn der oberste Abschluss einschließlich aller Dachaufbauten mehr als 35 Meter über dem tiefsten Punkt des anschließenden Geländes beziehungsweise der anschließenden Verkehrsfläche liegt.
Hochhausbau in Wien
bis 1939
Der Bau von Hochhäusern hielt sich in Wien bis in die 1980er Jahre stark in Grenzen. Dennoch kam es bereits Anfang des 20. Jahrunderts zu mehreren Projektideen für den Ringstraßenraum. Durch die Teilnahme des Architekten Adolf Loos am Wettbewerb zum Bau des Tribune Tower in Chicago, war der Bau von Hochhäusern bereits in der Zwischenkriegszeit Thema.
Die Idee von Architekt Rudolf Fraß, im 9. Bezirk an der Ecke Währinger Straße 45 / Spitalgasse ein Hochhaus zu errichten, nachdem die Gemeinde Wien 1930 nach Abbruch des Bürgerversorgungshauses einen Wettbewerb ausgeschrieben hatte, um eine geeignete Verbauungsstudie zu erlangen, konnte nicht realisiert werden (Modellfoto: Die Wohnung, Jg. 1/1930, S. 45).
Das einzige vor dem Zweiten Weltkrieg verwirklichte „Hochhaus“ war das von Siegfried Theiss und Hans Jaksch entworfene Hochhaus Herrengasse, nahe des Stephansdoms, das mit seinen 53 Metern Höhe die umliegenden Gebäude deutlich überragte und 1933 eröffnet wurde.
1945 bis 1989
Die ersten verwirklichten Hochhäuser entstanden in den 1950er Jahren paradoxerweise gerade in jenen zentralen Lagen der Innenstadt und der Ringstraßenzone, die aus heutiger Sicht als städteplanerisch besonders heikel gelten.
Hier ist vor allem der Ringturm hervorzuheben. Der Bau des 71 Meter hohen Turms direkt an der Ringstraße und Donaulände durch die Wiener Städtische Versicherung war von großer symbolischer Bedeutung. Das damals zu den höchsten Häusern Europas zählende Bauwerk, das noch zur Zeit der Alliierten Besatzung errichtet wurde, war ein Symbol der Orientierung am Westen, den USA und der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Gleichzeitig fiel die Eröffnung im Jahr 1955 auf das Ende der Besatzungszeit und der wiedererlangten Souveränität Österreichs. Der Ringturm wurde somit gleichfalls zum Symbol für den beendeten Wiederaufbau und den Aufstieg Wiens zur Weltstadt.
Zu den zentral in der Nähe des Stadtzentrums errichteten frühen Hochhäusern zählen auch die im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg nördlich des Donaukanals errichteten Bürohäuser wie die Bundesländerversicherung, das IBM-Bürohaus und das Raiffeisenzentrum. Auch erste Wohnhäuser sind in diesem Zusammenhang zu nennen, darunter der Emmerlinghof und der Leopold-Figl-Hof).
Als Landmark bei der Südeinfahrt am Wienerberg wurde zwischen 1961 und 1965 das Philipshaus errichtet. Es war das erste Hochhaus in Wien, bei dem Spannbeton eingesetzt wurde, um stützenfreie Räume zu erhalten.
Diese punktuell realisierten Bauten sind jedoch eher als Experimente einzustufen. Diese frühen Hochhausbauten wurden als Sonderbauvorhaben nach eigenen rechtlichen Regeln behandelt. Eine größere strategische Planung von Hochhausquartieren, wie sie in anderen europäischen Städten nach dem Zweiten Weltkrieg entstand, fehlte.
Mit Ausnahme einzelner Hotelbauten in der Ringstraßenzone wie das Hilton und das Hotel Intercontinental sowie einiger Bürotürme (wie der Sitz der Wiener Gebietskrankenkasse [1974, 76 Meter]) oder des 1975 erbauten Allgemeinen Krankenhaus (85 Meter) kam der Hochhausbau bis Mitte der 80er Jahre vor allem im Zusammenhang mit sozialen und kommunalem Wohnungsbau zum Einsatz. Beispiele hierfür sind das zwischen 1953 und 1957 errichtete Matzleinsdorfer Hochhaus (Südturm, 53 Meter), das Hochhaus Laaer-Berg-Straße 32 (59 Meter) sowie drei Wohntürme (49 Meter) der städtischen Wohnhausanlage Marschallhof am Kaisermühlendamm, die in den frühen 60er Jahren eingeweiht wurden.
Im Kontext des Einsatzes von Hochhäusern im Wohnungsbau ist der Wohnpark Alt-Erlaa hervorzuheben, der zwischen 1970 und 1985 errichtet wurde. Die bis zu 94 Meter hohen Bauten, die vom Architekten Harry Glück entworfen wurden, gelten als Prestigeprojekte des sozialen Wohnbaus in der Zweiten Republik. Die drei parallel verlaufenden Hochhausriegel umfassen mehr als 3000 Wohnungen für etwa 8000 Personen. Die Siedlung zeichnet sich durch ihre Einbettung in eine naturnahe Landschaft mit vielen Grün- und Wasserflächen aus.
In den Sechziger- und Siebzigerjahren wurden die Gebäudehöhen in den peripheren Stadterweiterungsgebieten bewusst, aber ohne großräumigere Konzepte überschritten. Bis heute vermitteln solche Bauten den Eindruck einer regellosen Stadtlandschaft. Die Altstadterhaltungsnovelle der Wiener Bauordnung 1972 schuf die gesetzliche Grundlage zur Festlegung von Schutzzonen für historische Ensembles. Große Teile des Stadtkerns und alter Ortskerne sind seither geschützt, der Bau von Hochhäusern beschränkte sich weitgehend auf periphere Gebiete am Stadtrand.
Im Zusammenhang mit dem Hochhausbau in Wien ist die Errichtung des Vienna International Centre (VIC, umgangssprachlich auch „UNO-City“) besonders hervorzuheben. Nach der am Ende der 1960er Jahre getroffenen Entscheidung, in Wien einen dritten Amtssitz der Vereinten Nationen zu eröffnen, wurde nach einem Wettbewerb unter dem Vorsitz von Roland Rainer die UNO-City entwickelt. Sie umfasste mit ihren drei bis zu 127 Meter hohen Bauten die damals höchsten Hochhäuser in Wien.
Entwicklungsgebiet Donau-City
Im Zuge des Baus der UNO-City entstand in Wien erstmals ein Areal, an dem die Errichtung von Hochhäusern gezielt zugelassen wurde. Durch die Überplattung der A22 wurde dieses Areal erweitert. Das Gebiet sollte teilweise durch die für 1995 geplante Weltausstellung Wien-Budapest genutzt werden. Diese wurde jedoch hinsichtlich ihrer Zielsetzung als "Brückenschlag zwischen West und Ost" nach dem Zusammenbruch des kommunistischen "Ostblocks" hinfällig.
In den Jahren 1990 und 1991 wurde der internationale Architektenwettbewerb "Bebauungs- und Gestaltungskonzepte EXPO 95 in Wien und Nachnutzung" für das Areal der heutigen Donau-City und seinem Vorfeld durchgeführt. Als "Nachnutzung" des Areals war die Errichtung von öffentlichen und privaten Büro- und Wohngebäuden - in erheblichem Ausmaß in Form von Hochhäusern - angedacht.
Auf dem Areal der Donau-City entstand zwischen 1995 und 2020 das dynamischste Hochhausentwicklungsgebiet Wiens. Im Unterschied zu La Défense in Paris oder zur Canary Wharf in London war die Entstehung des Hochhausquartiers abseits des Stadtzentrums weitgehend eine ungeplante Entwicklung. Hervorzuheben sind der 1995 begonnene Andromeda Tower sowie der 2014 fertig gestellte DC-Tower 1 der mit 252 Meter zur Zeit das höchste Gebäude im Areal und das zweithöchste in Österreich darstellt.
Neben der Entstehung von Hochhäusern im Bereich der Donau-City kam es im erweiterten Umfeld Ende der 1990er zum Bau einzeln stehender Projekte wie dem Millennium Tower oder dem Florido Tower in Floridsdorf.
Städtebauliches Leitbild zum Hochhausbau
Für den Stadtentwicklungsplan 1994 erstellten COOP Himmelb(l)au/Synthesis 1991 ein Hochhauskonzept. Es nahm auf die städtischen Entwicklungsgrundsätze Bedacht und brachte Verbesserungen der rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen für Hochhausprojekte. Für die Hochhauswidmung innerhalb der Eignungszonen wurden verbindliche städtebauliche Leitbilder definiert. Bis dahin waren alle Hochhausbauten einzeln, ohne weiterführenden städtebaulichen Gesamtplan genehmigt worden.
Die Planungsprinzipien unterscheiden zwischen Eignungszonen, die sich durch gewisse Erschließungsqualitäten auszeichnen (etwa Anbindung an den öffentlichen Verkehr) und Ausschlusszonen, die zur Wahrung des Stadt- und Landschaftsbilds von Hochhäusern unbebaut bleiben sollen. Generell zählen hierzu Ortskerne, der Grüngürtel und sonstige denkmalpflegerische Zonen, wie der Schlosspark Schönbrunn oder der Augarten.
Aus diesem Städtebaulichen Generalkonzept wurden folgende Zonen für städtebauliche Leitbilder definiert:
- jenseits der Donau in der Donau-City
- am Wienerberg (10) für die sogenannte "Wienerberg-City"
- am Donaukanal im Bereich zwischen Hollandstraße und Aspernbrückengasse (Bürohäuser vom Raiffeisen-Zentrum über das im Eigentum der Wiener Städtischen Versicherung stehende IBM-Haus und das Neue Dianabad zum Media.tower und weiter bis zum Neubau für die Uniqa-Versicherung) sowie
- im Großbereich von der "Gasometer-City" und der Verbauung am Erdberger Mais
- bis zur Überbauung der Südosttangente östlich der Ausfahrt Favoriten beim bereits bestehenden Porr-Hochhaus, Monte Laa.
Eine Planung im Bereich des Bahnhofs Wien Mitte (3) musste wegen der Nähe zur Innenstadt nach deren Erhebung in den Rang eines "Weltkulturerbes" in der ursprünglichen Form abgebrochen werden, der City-Tower Vienna (mit Einmietung des Bezirksgerichts Innere Stadt) befand sich bereits im Planungsendstadium beziehungsweise Bau. Umstritten ist bis heute (2022) die Planung eines Hochhauses auf dem Gelände des Eislaufvereins zwischen Lothringerstraße und Heumarkt nahe dem Stadtpark.
Interaktive Karte
Bilder
Literatur
- Andrea Glausner: Vertikales Bauen in Europa, eine soziologische Analyse. Frankfurt/New York: Campus 2017
- Harald Sterk: Bauen in Wien. Das letzte Jahrzehnt 1976 bis 1986. Wien: Herold 1986
- Helmut Weihsmann: Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934. Wien: Promedia 1985, S. 179 ff. (Disput „Wolkenkratzerstadt")