Notkirchen
Notkirchen (auch: Siedlungskirchen) sind Räume oder Gebäude, die in einer Notlage mit geringen finanziellen Mitteln für den provisorischen Gebrauch als Kirchengebäude eingerichtet wurden. Dabei kann es sich um einfache Baracken, Scheunen, Hallen, Lagergebäude, einzelne Räumlichkeiten in Privathäusern oder auch um Container handeln. Vor allem im so genannten Schwarzen Wien sowie nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Wien Notkirchen errichtet.
Das mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert einhergehende Bevölkerungswachstum in Wien stellte die katholische Seelsorge vor große organisatorische Herausforderungen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war es kaum mehr möglich, auf adäquate Weise katholische Gottesdienste und Seelsorge anzubieten, sodass der Bau von neuen Kirchen und die Einrichtung neuer Pfarren in Angriff genommen wurde. Es wurde eine Reihe von Pfarren neu eingerichtet, so etwa Breitenfeld (1898), Breitensee (1899) und Rudolfsheim (1898).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts initiierte Godfried Marschall, Weihbischof und Generalvikar der Erzdiözese Wien, die Erbauung von Notkirchen in Wien und Wien-Umgebung. Ziel war es, in den bevölkerungsreichen Arbeiterbezirken (zum Beispiel in Neumargareten und Zwischenbrücken) und in dezentrierten Lagen, in denen sich neue befanden, die katholische Seelsorge zu sichern.
Zahlreiche Notgottesdienststätten wurden in Wien auch in der Zwischenkriegszeit durch den Theologen und Priester Josef Gorbach initiiert, der die Bauten durch Einnahmen aus dem von ihm begründeten "Zwei-Groschen-Blatt" finanzierte. Eine weitere Reihe von Notkirchen und Barackenkirchen entstand nach dem Zweiten Weltkrieg, die später durch feste Kirchenbauten ersetzt wurden.
Ehemalige und bestehende katholische Notkirchen in Wien
Vikariat Wien Stadt - Erzdiözese Wien
2. Bezirk
3. Bezirk
10. Bezirk
- Annakapelle im Böhmischen Prater (10., Laaer Wald)
- Anstaltskirche der Invalidenschule (10., Schleiergasse 17, heute Favoritner Gewerbering)
- Erlöserkirchlein aus einem ehemaligen Verwundetenbarackenlager des Ersten Weltkriegs (10., Wielandplatz 7)
- Eucharistische Pfarrkirche (10., Grenzackerstraße 292; „Unsere Iiebe Frau vom Allerheiligsten Sakrament“)
- Maria-vom-Berge-Karmel-Kirche (10., Stefan-Fadinger-Platz 2; Pfarr- und Ordenskirche „Unsere liebe Frau vom Berge Karmel“, Karmeliterkirche )
- Pfarrkirche zur Heiligen Familie (10., Puchsbaumplatz 9)
- St. Josef (Notkirche) (10., Quellenstraße 11)
- Zur Königin des Friedens (10., Quellenstraße 90)
11. Bezirk
- Notgottesdienststätte Simmering (11., Geiselbergstraße 13)
- Notkirche Hasenleiten (11., Hasenleitengasse 16)
12. Bezirk
- Maria Lourdes (12., Haschkagasse 5, Tivoligasse 20; Katholische Pfarre „Zu Unserer Lieben Frau von Lourdes“)
- Namen-Jesu-Kirche (12., Darnautgasse 3)
- Neumargaretener Kirche (12., Flurschützstraße 1)
14. Bezirk
- Fatimakirche (14., Gusterergasse 40)
- Kordonkirche (14., Wegerichgasse 31; Pfarrexpositur „Maria Mutter der Gnade“)
- Marienkirche im Rosental (14.)
- Oberbaumgartner Kirche (14., Hütteldorfer Straße 282-284, Baumgartner Spitz)
- St. Josef am Wolfersberg (14., Anzbachgasse 89; Heiliger Josef; seit 1. Oktober 1939 Pfarre)
16. Bezirk
- Maria Namen (16., Hasnerstraße 11, Hippgasse 29 [zuvor Holzlagerplatz])
- Sandleitenkirche (16., Sandleitengasse 53)
17. Bezirk
19. Bezirk
- Glanzinger Kirche (19., Krottenbachstraße 120)
- Unterheiligenstädter Kirche (19., Heiligenstädter Straße 101)
20. Bezirk
- Allerheiligenkirche (Zwischenbrücken; 20., Allerheiligenplatz 5; Pfarrkirche „Zu allen Heiligen“)
- Muttergotteskapelle im Augarten (20., Klosterneuburger Straße 10)
- Zum göttlichen Erlöser (20., bei Burghardtgasse 30a)
21. Bezirk
- Bruckhaufen (Pfarrkirche) (21., Kugelfanggasse 29)
- Heiliges-Blut-Christi-Kirche (21., Galvanigasse 15, Bunsengasse 2; BIut-Christi-Kirche, Pfarrkirche „Zum Kostbaren Blut Christi“)
- St. Josef der Arbeiter (21., Holetschekgasse 6)
22. Bezirk
- Engelskirche im Teufelsfeld (22., Breitenlee)
- Maria Goretti (22., Kagran, Erzherzog-Karl-Straße 54)
- Russenkirche (22., Wagramer Straße gegenüber 16, Ecke Kratochwjlestraße; Kapelle „Zum göttlichen Heiland“)
- Mariahilf-Kirche (22., Erzherzog-Karl-Straße 176; „Maria Hilfe der Christen“)
- St. Josef am Ulanenweg (22., Ulanenweg)
23. Bezirk
- Don-Bosco-Kirche (23., Don-Bosco-Gasse 14, Ecke Futterknechtgasse; Pfarrkirche [ab 1. November 1939] Inzersdorf-Neustift „Maria, Hilfe der Christen“)
- Pferdestallkirche Inzersdorf (23.)
Vikariat unter dem Manhartsberg - Erzdiözese Wien
- St. Josef Dirnelwiese (Langenzersdorf, Niederösterreich)
Vikariat unter dem Wienerwald - Erzdiözese Wien
- Kirche im Heimbautal (Wolfsgraben, Niederösterreich)
- Maria Rast (Mauerbach bei Wien, Steinbachstraße 85, Dekanat Purkersdorf)
Österreichische Militärdiözese
- Garnisonskirche in Götzendorf (Götzendorf an der Leitha, Niederösterreich)
- Soldatenkirche in Großmittel (Jansa-Kaserne, Ebenfurth, Niederösterreich)
Literatur
- Josef Gorbach: Das Wiener Notkirchenbauwerk. In: Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte. Beilage des Wiener Diözesanblattes 11 (November 1975), Nr. 6, 16. Jahrgang, S. 45-48
- Josef Gorbach: Das Wiener Notkirchenbauwerk. Fortsetzung. In: Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte. Beilage des Wiener Diözesanblattes 1 (Jänner 1976), Nr. 1, 17. Jahrgang, S. 4-8
- Franz Loidl: Auffallende Schicksalsgemeinschaft zweier Notkirchen. In: Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte. Beilage des Wiener Diözesanblattes 3 (März 1972), S. 11 f.
- Hedwig Matzke-Jähnl: Prälat Dr. Josef Gorbach und seine Notgottesdienststätten in der Wiener Erzdiözese (eine vorläufige, von ihm beglaubigte Bestandsaufnahme bis Dezember 1970). In: Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte. Beilage des Wiener Diözesanblattes 5 (1971), S. 23 f.