Widerstand (Städtischer Dienst)

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Gräber von Opfern der NS-Justiz am Wiener Zentralfriedhof 2019
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Sonstiges Ereignis
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1938
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1945
Thema
VeranstalterVeranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt Ja
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  60762
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Letzte Änderung am 29.11.2023 durch WIEN1.lanm08trj
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BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Gräber von Opfern der NS-Justiz am Wiener Zentralfriedhof 2019

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Neben kaum einschätzbaren individuellen (auch passiven) Akten im Sinne von Abwarten, Abmildern und Verzögern von Prozessen im Magistrat oder in den städtischen Betrieben gab es auch organisierte Formen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Als Initiatoren und Leiter solcher Gruppen traten meist kommunistische Funktionäre in Erscheinung, die bis 1934 vielfach in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei engagiert waren. Eine scharfe Trennung zwischen "Sozialisten" und "Kommunisten" ist dabei oft nicht möglich.

Die Palette der gesetzten Aktivitäten reichte von der Sammlung von Unterstützungsgeldern für die Familien verhafteter oder verfolgter Kollegen (im Rahmen der "Roten Hilfe") über die Verbreitung illegaler Flugschriften oder das Abhören ausländischer Radiosender ("Feindsender!") bis zur Mitarbeit in der im Untergrund agierenden KPÖ. Bereits das Sammeln von Spenden wurde als "Hochverrat" gewertet und bestraft. Zahlreiche Todesurteile sind im Bereich des städtischen Dienstes dokumentiert. Wieder andere zu einer Freiheitsstrafe Verurteilte starben in einem Konzentrationslager oder an den Folgen ihrer Haft. In Summe liegt die Zahl der an den Folgen ihres Widerstands gegen das Regime verstorbenen städtischen Bediensteten bei rund 70 Personen.

Fanden Hinrichtungen 1942/1943 oft noch außerhalb des ehemaligen Österreich (etwa in Berlin-Plötzensee oder Brandenburg-Görden) statt, wurden sie später in der Regel im Wiener Landesgericht vollzogen. Die Leichen der Exekutierten fanden ihre letzte Ruhestätte meist in Schachtgräbern der Gruppe 40 am Wiener Zentralfriedhof. 1948 wurde an dieser Stelle ein Mahnmal für die Opfer des Widerstands 1938-1945 errichtet. Darüber hinaus dokumentieren zahlreiche kleinere Gedenktafeln das Wirken von Widerstandskämpfern in der Wiener Stadtverwaltung.

In folgenden städtischen Dienststellen sind Widerstandsaktivitäten bekannt:

Das umfangreichste und flächendeckendste Netzwerk gab es bei den Wiener Straßenbahnen. In fast jedem Betriebsbahnhof agierte eine "Betriebszelle" vorerst weitgehend autonom, ehe Mitarbeiter wie Johann Schöber, Rudolf Sturm oder Josef Kohlitz eine stärkere Vernetzung in Angriff nahmen. Meist handelte es sich bei den "hochverräterischen" Aktionen um Sammlungen, die zum Teil auch den KPÖ-Regionalorganisationen zuflossen, und die Weitergabe von Publikationen. Die meisten Gruppen waren spätestens 1943 aufgeflogen und zerschlagen. Insgesamt 40 Straßenbahnbedienstete fanden in der Zeit des Nationalsozialismus den Tod: Otto Benedikt, August Berto, Leopold Bill, Rudolf Chodura, Albert Dlabaja, Leopold Ecker, Friedrich Faß, Rudolf Follner, Josef Friedl, Johann Gärtner, Franz Groll, Leopold Haselsteiner, Johann Hornschall, Karl Hruza, Bruno Jursitzky, Otto Kales, Franz Kaspar, Leo Kloiber, Josef Kohlitz, Emil König, Josef Krcmarik, Karl Krivanek, Viktor Kuntschik, Ludwig Kupsky, Josef Lengauer, Heinrich Lochner, Franz Mager, Engelbert Magrutsch, Johann Maras, Johann Plocek, Franz Plöbst, Adolf Schmutzer, Johann Schöber, Maximilian Schrems, Leopold Slaby, Friedrich Stix, Rudolf Sturm, Leopold Tomasek, Nikola Trajkovic, Mathias Wagner.

Im Bereich der Städtischen Elektrizitätswerke sind sechs Todesopfer bekannt, wobei zwei Mitarbeiter der katholisch-konservativen Widerstandsgruppe "Österreichische Freiheitsbewegung" um Karl Lederer angehörten, die anderen vier für die "Rote Hilfe" tätig waren: Franz Bernert, Viktor Christ, Leopold Herbrich, Alfred Miegl, Franz Schuster, Rudolf Wallner.

Auch die Städtischen Gaswerke gedenken einer Reihe von Widerstandskämpfern, die während des nationalsozialistischen Regimes an den Standorten Leopoldau und Simmering für die "Rote Hilfe" und zum Teil in der Untergrundorganisation der KPÖ aktiv waren. Sie wurden im Wiener Landesgericht, bei einem SS-Massaker in Hadersdorf/Kamp oder im Zuchthaus Stein an der Donau ermordet: Adolf Brachaczek, Alfred Eschner, Franz Fiala, Josef Fohringer (Selbstmord in Haft), Leopold Fuhrich, Gustav Gebhart, Josef Hammerschmied, Rudolf Hlobil, Franz Jarosch, Karl Jelinek, Otto Koblicek, Franz Kralik, Franz Kuchar, Josef Lusk, Marian Porth, Karl Ryba, Johann Salzer, Franz Strassak.

Stark war der Widerstand in der Wiener Berufsfeuerwehr ausgeprägt: 1943 wurden rund 70 Personen einer kommunistischen "Betriebszelle" festgenommen und nach einem Prozess im März 1944 verurteilt, darunter fünf zum Tod, viele andere zu langjährigen Zuchthaus-Strafen. Zur Abschreckung wurden zwei Verurteilte im Oktober 1944 auf dem Kagraner Schießplatz von einem SS-Kommando hingerichtet, während die Kollegen der Exekution beizuwohnen hatten: Ludwig Ebhart, Rudolf Haider, Hermann Plackholm, Josef Schwaiger, Johann Zak.

Bei den Wasserwerken gab es eine kommunistische Gruppe rund um Stadtinspektor Lothar Dirmhirn. Dieser war von 1938 bis 1941 Funktionär der Stadtleitung der illegalen KPÖ und wurde im November 1942 wegen "Wehrkraftzersetzung" und "Vorbereitung zum Hochverrat" vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt und im Februar 1943 im Landesgericht Wien hingerichtet.

Widerstandsgruppen sind auch im Allgemeinen Krankenhaus – der Spitalsdiener Rudolf Höfler fiel den Haftbedingungen im Zuchthaus Stein an der Donau zum Opfer –, im Wohlfahrtsamt Groß-Enzersdorf sowie im Schlachthof St. Marx dokumentiert.

Gedenkstein für die Opfer der NS-Justiz am Wiener Zentralfriedhof (Foto: Christian Mertens)

Literatur

  • Christian Mertens: (Nicht nur) Rote Striche – Anpassung und Widerstand im städtischen Dienst. In: Christian Mertens (Hg.): „Wir wissen es, daß diese Beamtenschaft ihre Pflicht auch im neuen Wien tun wird.“ Die Wiener Stadtverwaltung 1938. Wien: Metroverlag 2018, S. 138-141
  • Walter Farthofer: Tramway Geschichte(n). Die Wiener Straßenbahner im Kampf gegen den grünen und braunen Faschismus. 3. Aufl. Wien: ÖGB Verlag 2015
  • Wolfgang Neugebauer: Der österreichische Widerstand 1938-1945. Wien: Steinbauer 2015, S. 134-140
  • Karl Traar [Hg.]: Wiener Straßenbahner im Widerstand. 1934 – 1945. Wien: Selbstverlag 1984
  • Otto Hirsch/Alfred Barton [Hg.]: 75 Jahre Wiener Elektrizitätswerke. 75 Jahre Arbeit der E-Werks-Bediensteten. 75 Jahre Personalvertretung. Wien: Selbstverlag 1977
  • Wolfgang Neugebauer, Widerstand und Verfolgung in Wien 1934–1945. Eine Dokumentation. Band 2. Wien: Bundesverlag 1975, S. 312-317, 331-355